IGGiÖ zum Terminus "religiös motivierte Handlungen"
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Terminus "religiös motivierte Handlungen" im Zusammenhang mit Gewalt oder schwerer Nötigung irreführend und kontraproduktiv
So nachvollziehbar der Wunsch nach Reformen im Strafrecht nach einem umstrittenen Totschlagurteil auch sein mag, so unglücklich formuliert scheint der Begriff "religiös motivierte Handlungen".
Denn diese Wortwahl ist irreführend und kontraproduktiv. Taten wie Zwangsheirat, Ehrenmord oder weibliche Genitalverstümmelung sind auf keinen Fall religiös zu legitimieren. Ganz im Gegenteil liegt gerade in der religiösen Argumentation und der scharfen, aus den islamischen Quellen begründeten Verurteilung von Gewalt an Frauen ein wichtiger Weg, solche Erscheinungen möglichst zu verhindern.
Die Religion ist hier also nicht das Problem, sondern vielmehr ein Teil der Lösung. Dass dies auch in der Praxis positiv umgesetzt werden kann, zeigen zum Beispiel die jüngsten Erfolge im Kampf gegen die weibliche Genitalverstümmelung (FGM)̧an denen auch österreichische Muslime beteiligt sind. Die europäischen Imamekonferenzen, die in Österreich mit nachhaltigem Erfolg stattfanden, haben die Verantwortung gerade seitens religiöser Multiplikatorinnen und Multiplikatoren unterstrichen, gegen Gewalt an Frauen einzutreten.
Da eine Zuschreibung als "religiös motiviert" bewusstseinsbildende Prozesse zur Überwindung geradezu blockieren kann, ist von dieser Bezeichnung abzusehen. International hat sich der Terminus "harmful traditional practices (HTP)" eingebürgert. Der Ausdruck "traditionsbedingte Gewalt" ist nicht nur treffend, sondern hat auch die Bildung von Allianzen zur Wahrung von Frauenrechten befördert. Diese sind schließlich ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, das aktiv gerade in einer pluralistischen Gesellschaft von möglichst allen mitgetragen werden soll.
Wien, am 03.02.2010
Rückfragehinweis:
Carla Amina Baghajati
Sprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreichi
Mitglied des Obersten Rates und Mitgründerin der Initiative muslimsicher ÖsterreicherInnen