Integration fängt beim Grüßen an
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FURCHE Kolumne: Juni 2006
Ein Gruß öffnet den Weg zum friedlichen Zusammenleben. Dass diese scheinbar so selbstverständliche Geste mehr Bewusstheit verdient, zeigen Alltagserfahrungen derart vergebener Chancen.
Kulturen und Religionen haben nicht umsonst um den Gruß als Auftakt eines erfolgreichen menschlichen Kontakts viele Sitten und Gebräuche entwickelt. Wer grüßt wen zuerst und wie? Das längst verinnerlichte Verhalten folgt nicht in allen Gegenden den gleichen Regeln. Missverständnisse in der interkulturellen Kommunikation sind vorprogrammiert.
Die neu eingezogene Muslimin aus Pakistan begrüßt die Nachbarn mit etwas selbst Gekochtem – eine Partei schlägt ihr die Tür vor der Nase zu. Denn: „Was will mir die ihre Resteln andrehen?“ - Der Vater aus der Türkei schüttelt der Lehrerin nicht die Hand, was diese prompt als Respektlosigkeit auslegt. Ein Vorurteil scheint auch noch Bestätigung zu finden: „Eh klar, bei den Muslimen ist eine Frau ja nichts wert!“ Dass gerade aus Ehrerbietung heraus im muslimischen Kulturkreis Händeschütteln zwischen den Geschlechtern als zu intime Geste gesehen wird, hätte den Irrtum aufklären können.
Die Bedeutung des Händedrucks in der westlichen Kultur bringt die Notwendigkeit einer dynamischen, an die Umstände angepassten Religionsauslegung für Muslime mit sich. Unter dem Gesichtspunkt, dass schließlich die Absicht zählt – die alles andere als eine unsittliche Annäherung ist – ändert sich das Verhalten.
Integration als beidseitiger Prozess: Einen Anstoß, der diese Auffassung bekräftigte, lieferte ein besonderer Gruß des Herrn Bundespräsidenten, der Muslime zum Ende des Ramadan zu sich in die Hofburg lud. Unter den Damen war klar: „Gar dem Bundespräsidenten die Hand auszuschlagen, hieße Österreich nicht die Hand zu reichen.“