Flüchtlingstragödie: Identifikation schwierig
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Nach der Flüchtlingstragödie auf der A4 werden die 71 Toten nun im Department für Gerichtsmedizin der MedUni Wien obduziert. Ihre Identität festzustellen werde schwierig, sagte der Wiener Gerichtsmediziner Johann Missliwetz.
ORF
Gerichtsmediziner Johann Missliwetz
Die Toten wurden an die Gerichtsmedizin überstellt, die Obduktionen liefen am Freitag bereits. Wo die Obduktionen vorgenommen werden und wie viele Gerichtsmediziner daran beteiligt sind, wurde vom Department für Gerichtsmedizin auf Anfrage nicht mitgeteilt. Fest steht aber, dass das Innenministerium keine zusätzlichen Experten für die Obduktionen bereitgestellt hat. Aus der Staatsanwaltschaft Eisenstadt heißt es, die Obduktionen werden sicher „einige Tage dauern“.
Zur Identitätsfeststellung gebe es genormte Abläufe, erklärte Missliwetz im Interview mit „heute mittag“. Man beginne damit, die Kleidung und Schmuckstücke der Opfer zu dokumentieren. Es würden Fotos gemacht und nach Ausweisen und persönlichen Merkmalen wie OP-Narben gesucht. Ein Zahnarzt würde außerdem mit einem Röntgen den Zustand des Gebisses analysieren, zusätzlich würden DNA-Proben genommen.
Beitrag aus heute mittag, 28.08.2015
Gerichtsmediziner zur Obduktion
Der Wiener Gerichtsmediziner Johann Missliwetz spricht über die Obduktion der 71 toten Flüchtlinge.
Realistisch sei eine Identitätsfeststellung, wenn sich Menschen meldeten, die unter den Toten mögliche Verwandte vermuteten, beschrieb der Gerichtsmediziner. Dann könne man DNA-Vergleichsproben nehmen. Zahnärztliche Vorbefunde zum Abgleich aus Syrien zu erhalten „wird schwierig sein“, so Missliwetz: „Ich nehme an, dass ein großer Teil der Leichen zwar zugeordnet werden kann, in Bezug auf die Zähne und die DNA, aber nie identifiziert werden wird.“
Todeszeitpunkt schwer zu bestimmen
Der Todeszeitpunkt sei in diesem Fall ebenfalls nicht einfach festzustellen, weil die Methode einer Temperaturmessung nicht mehr möglich sei, sagte Missliwetz. Man könnte sich beispielsweise mit chemischen Methoden wie einer Messung der Kaliumkonzentration im Auge „herantasten“. Es werde jedoch nur ein „wahrscheinlicher Todeszeitpunkt“ sein.
ORF
Am Freitag wurden die Leichen in die Wiener Gerichtsmedizin gebracht.
Hotline
Unter der Nummer 05 9133 103 333 wird um Hinweise aus der Bevölkerung gebeten. Auch Angehörige können sich hier melden.
Wie lange die Flüchtlinge in dem Lkw überlebten, könnte über atemphysiologische Berechnungen festgestellt werden. Erfrieren als Todesursache hält der Gerichtsmediziner nicht für realistisch - bei dem Lkw handelte es sich um einen Kühlwagen. Eine Erfrierung sei bei einer Obduktion zudem einfach zu erkennen.
Vier Kinder unter den Toten
Die Polizei gab am Freitag unterdessen die Ergebnisse der ersten Untersuchungen bekannt. Unter den 71 Toten sollen sich auch vier Kinder befunden haben - ein kleines Mädchen und drei Buben im Alter von rund zehn Jahren. Die Flüchtlinge dürften aus Syrien stammen. In Ungarn konnten die Behörden zudem einen ersten Fahndungserfolg verzeichnen: Drei Personen sind derzeit in Haft - mehr dazu in news.ORF.at.
IGGiÖ: Hilfe bei Bestattung angeboten
Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) bot der Bundesregierung an, bei der Bestattung von muslimischen Opfern zu helfen. Dazu werde in der Glaubensgemeinschaft ein Stab eingerichtet, um etwaige Begräbnisse zu organisieren, berichtete Omar Al-Rawi von der IGGiÖ.
In der Schura-Moschee in Wien-Leopoldstadt wird nach dem Freitagsgebet zudem ein Trauergottesdienst für die Toten der Tragödie abgehalten. Am Montag findet im Stephansdom ebenfalls ein Gottesdienst im Gedenken der Opfer statt - mehr dazu in Flüchtlingsdrama: Gedenkgottesdienst in Wien.