Buchbeitrag Tarafa Baghajati: Integration, Rassismen und Weltwirtschaftskrise

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Buchbeitrag Tarafa Baghajati, 2010, Leseprobe

Integration, Rassismen und Weltwirtschaftskrise

Manfred Oberlechner, Gerhard Hetfleisch (Hg.)
Sociologica 14
2010. ISBN 978-3-7003-1733-3
Kart., 476 Seiten, € 26,90

Neuer Diskurs um Islam in Europa und Österreich

von Tarafa Baghajati,

Von einer „Ausländerdebatte“ zur „Islamdebatte“

Seit einigen Jahren gibt es kaum eine gesellschaftspolitische Diskussion in Österreich, wie auch in Europa, in der Islam und Muslime keine Rolle spielen. Während im allgemeinen Bewusstsein nur schwer durchsickert, dass Österreich de facto ein Zuwanderungsland ist, werden  unter dem Integrationsthema vor allem Fragen der Kompatibilität behandelt. Denn die „Ausländerthematik“ verlagert sich zunehmend in Richtung Islam und Muslime: Demokratiebewusstsein, Werte wie Rede- und Meinungsfreiheit oder das Bekenntnis zum säkularen Rechtsstaat stehen auf dem Prüfstand. Die zunehmende Sichtbarkeit von Muslimen wirft Fragen auf, die von Voraussagen der zukünftigen demographischen Entwicklung über den Bau von Moscheen bis hin zum nachbarschaftlichen Zusammenleben reichen. Selbst breite allgemeine Diskussionen wie um eine Reform des Bildungssystems kommen nicht aus, ohne über die Interpretation von PISA-Studien oder spezifische Herausforderungen in der Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund diesen Themenkomplex einzubeziehen. Im Spektrum zwischen der beginnenden Erkenntnis der Notwendigkeit interkultureller und transkultureller Zugänge in einer immer mehr von Pluralismus gekennzeichneten Gesellschaft und Phänomenen der Abwehr des „anderen“ und des „Fremden“, wirft die globale Wirtschaftskrise ihre Schatten auf eine notwendige Einordnung und konstruktive Behandlung. Denn wenn sich in Zeichen wachsender sozialer Spannungen oder auch nur der Sorge um die Erhaltung des gewohnten Lebensstandards Tendenzen einer Ellbogengesellschaft verstärken, hat dies mehr Druck auf Minderheiten zur Folge.

Umso dringlicher erscheint es, diesen Fragenkomplex nicht allein den Populisten mit ihren einfachen Botschaften zu überlassen, sondern Probleme, gesellschaftliche Bruchstellen und Herausforderungen der kommenden Jahre möglichst sachlich und lösungsorientiert zu besprechen. Der folgende Artikel will wichtige Ansätze in diesem Diskurs aufzeigen.

Rassismus ist verpönt – und sucht neue Ventile

Eindeutig als rassistisch wahrzunehmende Pauschalierungen sind heute nicht salonfähig, wenn sie gegen „die Ausländer“ gerichtet sind. Dass hier im positiven Sinne ein Bewusstsein entstanden ist, Stereotype abzulehnen zeigt sich am Beispiel der Reaktion auf eine Aussage des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers über Arbeiter aus Rumänien im September 2009, die sehr breit medial rezipiert wurde: „Im Unterschied zu den Arbeitnehmern hier im Ruhrgebiet kommen die in Rumänien eben nicht morgens 7.00 Uhr zur ersten Schicht und bleiben bis zum Schluss da, sondern sie kommen und gehen, wann sie wollen, und wissen nicht, was sie tun.“

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Auch antisemitische Anspielungen sind nicht salonfähig und das ist auch gut so.  Bei den Landtagswahlen in Vorarlberg im Herbst 2009 wurde ein entsprechender Sager von Landesrat Dieter Egger zum Anlass einer eindeutigen Verurteilung anderer Parteien und der Zivilgesellschaft und bewirkte den Ausschluss einer möglichen Koalition mit der FPÖ.

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Doch wenn es um den Islam und Muslime geht, ergibt sich ein anderes Bild. In der österreichischen Wertestudie, die im Juni 2009 Zahlen für die  Entwicklungen der vergangenen 10 Jahre präsentierte, dokumentiert sich ein Anstieg von 16 % gegenüber 1999 in der Ablehnung von Muslimen als Nachbarn. 31 % der Bevölkerung gaben an, nicht Tür an Tür mit Muslimen leben zu wollen. Die These liegt nahe, dass sich fremdenfeindliche Haltungen von Abwehr und Ausgrenzung andere Zielgruppen suchen und Muslime so zum willkommenen Feindbild avancierten.

Jedenfalls scheint ein entsprechendes Sensorium, das anti-muslimische Einstellungen gesellschaftlich ächten würde, viel weniger ausgeprägt, wie sich auch anhand von anderen Beispielen nachfolgend noch aufzeigen lässt.  Die Gründe sind vielfältig. Zum einen wird angezweifelt, ob denn Islamfeindlichkeit überhaupt in die negative Kategorie des Rassismus falle, weil Muslime ja keine „Rasse“ bildeten. Erscheint dies noch eher wie eine Wortklauberei, geben sich andere Argumente schon eher den Anstrich von Tiefe und Seriosität. Negative Verallgemeinerungen und Gruppenzuschreibungen werden gerne mit dem Hinweis der „Meinungsfreiheit“ versehen. Von hier ist es nicht weit zum Argument der „Religionskritik“, die doch ein legitimes Anliegen mit anerkannten Traditionslinien bis in die Aufklärung sei.  Vor allem seit dem so genannten „Karikaturenstreit“ haben all jene Oberwasser, die gerne gewisse Klischees notorisch beleidigter, überempfindlicher und fanatischer Muslime bestätigt sehen möchten. Zusätzlich zur nach 9/11 entstandenen Stimmung einer permanenten Verdächtigung gegenüber allem „Islamischen“, bieten sich diverse Projektionsflächen, die anti-muslimische Haltungen als moralisch gerechtfertigt ins „Normale“ zu überführen suchen. Wie sehr derartige Äußerungen in eine Art Mainstream übergehen können, zeigen auflagenstarke Publikationen wie „Hurra, wir kapitulieren“ von Henryk Broder, der ein Schreckgespenst zeichnet, als finde eine muslimische Unterwanderung statt, die Europa aushöhle und letztlich – bei fehlender Gegenwehr – zum Sturz bringen könnte.

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Wenn derartige Autoren auch noch als preiswürdig erachtet werden, muss sich die Frage stellen, wie es um die Wahrnehmung von Islamfeindlichkeit in Europa bestellt ist.

Islamophobie oder Islamfeindlichkeit?

Der Begriff „Islamophobia“ kam im englischsprachigen Raum in den achtziger Jahren auf. Eine erste große Studie führte die Bezeichnung im Titel: „Islamophobia – A Challange For Us All“ und wurde durch den Runnymede Trust herausgegeben. Seit dem Erscheinungsdatum 1997 etablierte er sich und fand im Zuge der Diskussionen in Folge von 9/11 breitere Verbreitung. Kurz gefasst wird damit eine feindselige Haltung gegenüber der Religion Islam und ihren Anhängern, den Muslimen, bezeichnet. Charakteristisch um diese Haltung zu stützen sind Vorurteile, Bildung von Stereotypen und ein bewusstes Ausblenden von Tatsachen, die eine einseitige Sichtweise erschüttern könnten. Diskriminierung wird durch den Aufbau eines solchen Bedrohungsszenarios gerechtfertigt.

Im englischsprachigen Raum ist „Islamophobia“ als Begriff bis heute nicht ganz unumstritten, obwohl europäische Institutionen wie EUMC (Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia), heute  FRA (Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, European Union Agency for Fundamental Rights)  ihn übernahmen und in diversen Studien wie Publikationen an ihm festhielten. Die Gründe liegen unter anderem auch bei einer negativen Aufnahme der Muslime, die sich oft eher spontan dagegen verwahren, etwas ihnen so zentrales wie ihre Religion sei verknüpft mit krankhafter Angst. Eine Wortschöpfung auf gleicher Ebene wie Arachnaphobie (Spinnenangst) wirkte für sie schlicht unsympathisch.

Die OSCE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, Organization for Security and Co-operation in Europe) und ihre für Menschenrechte unterstellte Organisation ODIHR (Office for Democratic Institutions and Human Rights) vermeidet bis heute die offizielle Verwendung von „islamophobia“ und spricht auch in ODIHR- Veranstaltungen und darauf basierenden Papieren von „intolerance and discrimination against Muslims“. Im deutschsprachigen Raum wurde seit dem Ende der neunziger Jahre der Begriff als „Islamophobie“ eher unreflektiert und ohne einen breiten Diskurs übernommen. Angesichts zunehmend auftretender offen zur Schau getragener Haltungen und Aktionen  gegen die muslimische Minderheit war eine Benennung erforderlich geworden. Allerdings bevorzugten  viele NGOs und Experten den Begriff „Islamfeindlichkeit“. Begriffe wie „Antiislamischer Rassismus“ „Antimuslimismus, vom englischen „Antimuslimism“  oder „Antiislamismus“ kamen und kommen in der Diskussion gelegentlich vor.

Nun geht es hier nicht darum, einen Expertenstreit aufleben zu lassen oder sich in linguistischen Details zu vertiefen. Trotzdem ist eine profunde Begriffsklärung und bewusste Verwendung von Bedeutung, weil sich assoziativ mit jedem Wort bereits erste Eindrücke und damit Einordnungen verbinden. Unsere Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen entschied sich im Jahre1999 nach einer ausführlichen internen Diskussion „Islamophobie“ nicht aus dem angelsächsischen Raum zu übernehmen. Uns erschien vor allem die Kombination mit „Phobie“ als problematisch.  Phobie trägt in sich die Anspielung an das Irrationale, ja weckt Erinnerungen an krankhafte Übersteigerungen von Angst, die aber mitunter eine zumindest nachvollziehbare Wurzel haben kann (wie etwa Akrophobie, Höhenangst). So richtig zwar die Folgerung wäre, dass sich hier auch eine Art Auftrag oder eine Verantwortung ergibt, eine Phobie zu überwinden, bleibt im Begriff „Islamophobie“ völlig ausgeklammert, dass unbewusste Ängste konkrete Auswirkungen auf Muslime haben, Abwehrhaltungen  verschiedenen Grades auftreten.  Diese schlagen sich in feindseligem Verhalten nieder. Wird eine negative Grundhaltung gar populistisch instrumentalisiert, so wäre allein die Thematisierung irrationaler Ängste gegenüber dem Islam und Muslimen viel zu kurz gegriffen. Hier kann nur von Islamfeindlichkeit gesprochen werden.

„Antiislamismus“, so wie beispielsweise wohl in bester Absicht durch den Wiener Bürgermeister Dr. Michael Häupl verwendet, wirft auch Fragen auf.  Denn mit „Islamismus“ wird im Westen meist die missbräuchliche politische Verwendung und Auslegung der Religion Islam durch engstirnige Muslime bezeichnet bis hin zu deren Gewaltbereitschaft. Sich dagegen zu verwahren, wäre also eine politisch korrekte Haltung. Gerade an der Verschiebung des Begriffes „Islamismus“ zeigt sich aber auch der tiefe Wandel, der seit 9/11 eingetreten ist. Vorher war es etwa völlig normal, wenn sich ein muslimischer Gelehrter selbst als „Islamist“ bezeichnet. Hieran lässt sich auch ablesen, wie in einer zunehmend globalisierten Welt Begriffsverschiebungen allgemein vollzogen werden, wobei es angesichts des Tempos der Veränderungen kaum zu einer Reflexion kommen kann.

„Antimuslimismus“ klingt zumindest auf Deutsch unsinnig, schon weil es gar keinen „Muslimismus“ gibt. Daher trete ich für die Etablierung des Begriffes „Islamfeindlichkeit“ mit folgender Definition ein: Die feindselige Haltung gegenüber dem Islam und Muslimen. Sie bedient sich vorhandener Vorurteile, Verallgemeinerungen und pseudowissenschaftlicher  Theorien und rechtfertigt somit die Diskriminierung von Musliminnen und Muslimen. Diese Diskriminierung kann sich direkt wie indirekt, mittelbar und unmittelbar niederschlagen. Die Bandbreite reicht von einer Haltung arroganter Überlegenheit gegenüber der als kulturell minderwertig eingestuften Gruppe der Muslime und ihrer Religion, die einen Umgang auf gleicher Augenhöhe verhindert bis hin zur bewussten Verringerung der Chancengleichheit sei es in Bildung, Arbeitswelt oder beim Zugang von Wohnung und Gütern und als äußerster Stufe der physischen Gewaltanwendung.

Auf Dänisch und Holländisch kann „Islamfeindlichkeit“  1:1 übernommen werden. Auf Englisch wäre „Islam hatred“ eine mögliche Alternative für all jene,  die „Islamophobia“ nicht verwenden möchten.

 

Ein neuer Begriff für eine alte Erscheinung

Eine Studie des Pew-Institutes in Washington zeigt auf, wie die gleichen Personen sowohl zu antimuslimischen wie antijüdischen Einstellungen tendieren.  Gudrun Harrer bezeichnet in ihrer Analyse demzufolge Islamophobie und Antisemitismus als „zwei Seiten einer Medaille“.

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Noch ist allerdings umstritten, ob es möglich ist, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit direkt miteinander zu vergleichen. Als Faktum kann aber gelten, dass Parallelitäten unverkennbar sind (am klarsten dort, wo gemeinsame Themenfelder auszumachen sind wie etwa bei der Rezeption des Schächtens in der Mehrheitsgesellschaft) und dass Juden wie Muslime mitunter rassistischen Ausgrenzungen ausgesetzt sind. Als Folie der Abgrenzung zur Konstruktion einer Art Wir-Gefühl  werden und wurden sowohl Antisemitismus als auch Islamfeindlichkeit eingesetzt. Unter diesem Aspekt lassen sich weitere Forschungen anstellen, wie sie etwa von Wissenschaftlern wie Matti Bunzl geleistet werden.

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Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Islamfeindlichkeit an sich nichts Neues ist, sondern  in der europäischen Geschichte über Jahrhunderte verfestigt war.  Stellvertretend seien hier Aspekte genannt, die weit in die europäische Geistesgeschichte hineinreichen. Zur gleichen Zeit, als  sich der Orientalismus als Forschungsrichtung an den Universitäten zu etablieren begann, setzte auch die Kolonialisierungspolitik ein mit Folgen, die bis in die Gegenwart hineinreichen. Der Feldzug Napoleons in Ägypten wäre hier zu nennen und das Engagement Frankreichs in Algerien seit dem beginnenden 19. Jh. Hier schrieb sich eine Interpretationslinie fest, die von der Überlegenheit des Westens gegenüber dem Orient und dem Islam ausgeht. Durchaus zwiespältig hielten sich Faszination und Abscheu in der Begegnung die Waage. Denn der Kontakt mit dem Orient löste auch Moden aus, durchaus im wörtlichen Sinn. Orientalische Elemente für die Kleidung hielten in Europa Einzug, Innendekoration, Musik und Literatur  gaben sich orientalisch. Auf einen Blick augenscheinlich wird das gespaltene Verhältnis in der bildenden Kunst mit ihren damals stark nachgefragten Haremssujets. Lüsterne Sehnsüchte und die Gier nach dem Exotischen fanden in diesen Phantasien ihre Befriedigung. Szenerien wie der Sklavenmarkt ließen gleichzeitig die Pose moralischer Überlegenheit zu.  Mythen über den Orient beinhalten so Elemente wie Frauenfeindlichkeit, Menschenverachtung, Maßlosigkeit, Verschlagenheit und Rückständigkeit. Rana Kabbani legte 1986 mit ihrem Buch „Mythos Morgenland“  eine Untersuchung vor, die aufzeigte, wie sehr der Blick auf das Fremde auch von Projektionen des eigenen bestimmt war und ist. Noch vor ihr gab Edward W. Said 1978 mit „Orientalism. Western Conceptions oft he Orient“ einen wesentlichen Denkanstoß. Er bezeichnet Orientalismus  “as a western style for dominating, restructuring, and having authority over the Orient”.

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Kolonialismus mit all seinen Begleiterscheinungen von Ausbeutung und Entmündigung fand in dieser Sicht auf den Orient eine Rechtfertigung. Fußen konnten diese Simplifizierungen auf wesentlich älteren Perzeptionen, die bis in die Zeit der Kreuzfahrten hineinreichen, als bewusste Propaganda gegen den Islam dazu diente, die kriegerischen Aktivitäten moralisch zu legitimieren.

 Aus dieser Phase stammt zum Beispiel der Begriff des „Heiligen Krieges“ – allerdings, was heute viele vergessen, als christliche Vorstellung eines moralisch, ja religiös gerechtfertigten Krieges. Wie hier eine Begriffsverschiebung auf den islamischen „Dschihad“ vorgenommen wurde, mag gerade unter dem übergeordneten Thema der Globalisierung   spannend erscheinen. Hier scheint sich einmal mehr zu erweisen, wie zur Erklärung des Fremden immer wieder auf die eigene Geschichte zurückgegriffen wird. Pikant in diesem Fall, wie gleichzeitig durchaus kritikwürdige Punkte daraus auf „die anderen“ übertragen und so scheinbar überwunden werden. Ein globalisierter Diskurs steht darüber hinaus auch vor der Frage der Dominanz des Westens und der zu wenig berücksichtigten Frage, ob all die Vergleiche und Übertragungen, die sich zur Erklärung einer immer komplexeren Welt antreffen lassen, tatsächlich zielführend sein können, weil sie die Autorität über die Theoriebildung und die Definition von den Diskurs prägenden Begriffen wie selbstverständlich im Westen sehen.

Der 46. Historikertag in Konstanz beschäftigte sich 2006 mit dem Bild des Moslems im westlichen und östlichen Europa in der frühen Neuzeit und legte dabei zahlreiche Parallelen zu heutigen Perzeptionen bloß. Almut Höffert beschrieb den Topos der „Türkengefahr“ als eine Dichotomie Türken versus Christen, die einem monolithischen muslimisch-türkischen Gegner eine ebensolche christliche Gemeinschaft entgegen setze. Mit der Beschwörung eines „Erbfeindes“ und „Antichristen“ wurde ein neues Europaverständnis aufgebaut, das Einigkeit in der Abwehr der Gefahr anstrebte. Höffert bezeichnet dies als „eines der wichtigsten Antagonismusnarrative der Frühen Neuzeit“. Es habe eine solche Kraft entwickelt, dass selbst positive Aspekte der muslimischen Kultur wie die Sauberkeit negativ konnotiert werden konnten.

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Islamfeindlichkeit äußerte sich im Sommer 2009 in ihrer schlimmsten Form, als es in einem deutschen Gerichtssaal zum Mord an Marwa Shirbini kam. Wenn Islamhass, gespeist aus einem tradierten Überlegenheitsdenken und der Konzeption, Gewalt gegen Muslime sei nichts als Selbstverteidigung, dermaßen drastisch zu Tage tritt, muss auch der Bildungsauftrag an den Schulen ins Bewusstsein rücken. Dass aber Schulbücher zum Teil noch immer mit alten Klischeevorstellungen arbeiten, ist Untersuchungsgegenstand der Publikation „Islam zwischen Selbstbild und Klischee“, herausgegeben von Susanne Heine. In der Einleitung schreibt sie: „Das Ergebnis vorwegnehmend lässt sich sagen, dass das Islambild in den Schulbüchern nach wie vor zu einem großen Teil vorurteilsbelastet ist.“

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Dass sich seit den 90er Jahren nicht allzu viel zum Besseren verändert hat, zeigt eine aktuelle Darstellung über Geschichtsbücher für die AHS Unterstufe, die als Aufsatz erschienen ist. In der Conclusio heißt es: „Im untersuchten Schulbuch werden sowohl die Unterdrückung „der islamischen Frau“ als auch Eroberungskriege islamischer Herrscher über Zitate direkt auf die religiösen Vorschriften aus dem Koran zurückgeführt. Damit wird der Eindruck erweckt, dass der Islam an sich sowohl die Unterdrückung der Frau, als auch Gewalt fordert.“

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Populistisches Anknüpfen am Klischee –„Stopp der Islamisierung“ als Schlachtruf zur Abwehr alles Muslimischen

Wie scheinbar einfach es gelingt, fußend auf alten Ängsten neue Feindbildpolitik zu betreiben, zeigt die jüngste Politik in Österreich. Mit dem Angstwort „Islamisierung“ wird der Versuch unternommen, bereits die bloße Sichtbarkeit von Muslimen zur Bedrohung, gar Unterwanderung zu stilisieren. Die FPÖ unter Heinz-Christian Strache hat diesen Begriff als Teil einer nun schon über Jahre laufenden Kampagne  eingeführt. Darunter behaupten all jene Parolen Berechtigung, die eine von Muslimen ausgehende Bedrohung formulieren, wie „Abendland in Christenhand“. Auch das Agitieren gegen den Ausbau eines muslimischen Gemeindezentrums, als er bei einer Anti-Moscheebaudemonstration mit Kreuz in der Hand auftrat, sucht sich den Anstrich einer berechtigten Abwehr zu geben. Da ist es dann völlig nebensächlich, dass in der Dammstraße gar keine Moschee steht, noch geplant wird.

Positiv und richtig waren die Reaktionen wichtiger Meinungsbildner, auch von christlicher Seite wie Kardinal Christoph Schönborn, von Bundespräsident Fischer, Bundeskanzler Werner Faymann, Außenminister Michael Spindelegger und vieler andere. Aber alle diese Stellungnahmen - so begrüßenswert sie sind – klammerten aus, wie sich hier Islamfeindlichkeit als Kampfansage im Mäntelchen eines politischen Programmes etabliert. Rassismus erscheint hier in einer neuen Facette. Die Parteienlandschaft übersieht diese Implikation.

Besonders offensichtlich wurde dieses Ignorieren nach den Beschmierungen im Februar 2009 auf den Mauern des ehemaligen KZ in Mauthausen: „WAS UNSEREN VÄTERN DER JUD IST FÜR UNS DIE MOSLEMBRUT SEID AUF DER HUT! 3. WELTKRIEG - 8. KREUZZUG“. Die rund 70 Zentimeter großen Buchstaben waren weithin sichtbar und die Medien berichteten darüber. Doch keine einzige Partei thematisierte diese unmittelbare Drohung gegen Muslime mit dem gebotenen politischen Ernst. Sogar die damalige Stellungnahme des Herrn Bundespräsidenten führte bei Muslimen eher zu Verwunderung als Erleichterung. Antisemitismus wurde zwar berechtigter Weise verurteilt, daneben aber nur von „Fremdenfeindlichkeit“ gesprochen. Damit fiel völlig unter den Tisch, dass hier eindeutig gegen die Gruppe der Muslime Stimmung gemacht wurde. Die Köpfe hinter den Aktionen von Mauthausen waren eindeutig keine „Lausbuben“. Es war auch kein Einzeltäter am Werk. Dahinter stand Planung, Konzeption, Logistik und eine organisierte Durchführung.

Solange die Politik nur um den heißen Brei redet und nicht solidarisch gegen Islamfeindlichkeit auftritt, wird indirekt der Weg für den politischen Erfolg von Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und Rassismus geebnet. Österreichs Muslime sind ein Teil Österreichs, und der Islam ist eine anerkannte Religion. Wer Muslime und ihre Religion pauschalierend angreift, verleugnet einen Bestandteil österreichischer Realität. Es ist an der Zeit, dass dies allmählich begriffen wird. Muslime in Österreich dürfen nicht länger als Fremde im eigenen Land angesehen werden. Wenn Islamfeindlichkeit gar nicht erkannt wird, sondern lediglich von  „Fremdenfeindlichkeit“ die Rede ist, fehlt jenes Problembewusstsein, das zu einer Lösung erforderlich ist. Dann hätten die populistischen Angstszenarien vor der angeblichen „Islamisierung“ tatsächlich so viel Sand in die Augen gestreut, dass der Blick für diese Herausforderung trüb wird.

Diese Botschaft muss kommen und würde identitätsstiftend für die Muslime als Bestandteil Österreichs wirken. Umgekehrt würde ein Bestehen auf einem Verständnis der Muslime als der „Fremden“ zu einer Stärkung all jener Stimmen führen, die resigniert von der Ausgrenzung als Tatsache ausgehen und darum umso stärker auf Bezüge wie Nationalstolz zum Ursprungsland setzen. Dann gebiert Abgrenzung wiederum Abgrenzung.

Wertedebatte

Ein Feld der Abgrenzung bietet auch die Wertedebatte der letzten Jahre. War es zunächst das Wort von der „Leitkultur“, das auf altem Überlegenheitsdenken aufbaute, so bedienen sich PolitikerInnen aller Parteien nun gerne eines undefinierten Bezuges auf „unsere Werte“ oder „europäische Werte“, die es – je nach politischer Provenienz - zu bewahren bis zu verteidigen gelte. In dieser Schwammigkeit eignet sich dies als emotionaler Bezugsrahmen der Selbstidentifikation, gerade in Zeiten eines ansonsten beklagten Werteverlustes.

Diametral entgegengesetzt zu den „europäischen Werten“ tauchen immer wieder der Islam und Muslime auf. Wortschöpfungen wie „Kulturdelikte“ von Innenministerin Maria Fekter mit Beispielen aus dem muslimischen Kreis fokussieren auf Gewaltphänomene, die angeblich auch noch kulturell legitimiert seien. „Wer unsere Werte nicht respektiert, der hat bei uns nichts verloren“, lautet die Devise mit einer kaum noch zu übertreffenden Einigkeit.

Hier ist wichtig die Frage aufzuwerfen, über welche Werte hier denn geredet werde. Geht es um  universelle, kulturspezifische, religionsspezifische, oder gar regionsspezifische Werte? Gibt es überhaupt etwas wie „europäische Werte“? Warum werden muslimische Werte nie benannt, sondern vor allem als nicht existent oder defizitär wahrgenommen? Solange immer nur das Fehlverhalten eines Muslims dazu dient, dieses auf ein angeblich prinzipiell divergierendes Werteverständnis abzustellen, muss der Blick auf Gemeinsamkeiten verschlossen bleiben.

Die Wertedebatte erscheint nicht nur darum eindimensional. Selbst ein Bewusstsein für die Pluralität der Mehrheitsgesellschaft scheint nicht gegeben. Welche Werte würden zum Beispiel ein für die Abschiebung verantwortlicher Beamter im Innenministerium und ein Flüchtlingshelfer teilen? Ein Großindustrieller und ein Umweltaktivist? Ein Pelzproduzent und ein Tierschützer? Ein katholischer Pfarrer und ein Pornodarsteller? Ein Bankenchef und der Vorsteher eines Obdachlosenheimes? So groß die moralischen Differenzen bei diesen zugegeben provokanten Gegenüberstellungen sein mögen, so sehr ist nicht zu bestreiten, dass alle Genannten innerhalb des österreichischen Rechtsstaates ihren Platz haben.

Verlogen erscheint die Wertedebatte auch darum, weil hier Begrifflichkeiten vermischt werden. Unterschiedliche Lebensweisen und Lebensstile können die gleichen Werte zur Grundlage haben. Gerät dies aber außer Sicht, sobald sich der Lebensstil unterscheidet, wird dies in Bezug auf Muslime gerne als „Wertedivergenz“ bezeichnet. Auch wenn muslimische Frauen und Frauen anderer Religion oder Weltanschauung der Mehrheitsgesellschaft Werte wie Würde, Selbständigkeit, Mündigkeit, finanzielle Unabhängigkeit und Selbstbestimmung teilen, so verstellen äußere Erscheinungsformen eines unterschiedlichen Lebensstils den Blick darauf. Das Kopftuch steht inzwischen gewissermaßen wie ein Platzhalter für diese Problematik. Denn hier gehen Außensicht und Innensicht in einer Weise auseinander, dass bis heute Ideologisierungen und Missverständnisse nicht ausbleiben.

Noch gravierender zeigt sich der doppelte Boden der Wertedebatte, wenn es um Verbrechen an Frauen geht. Niemand käme auf die Idee, Zwangsprostitution und Eifersuchtsmorde als vereinbar mit dem christlichen oder humanistischen Werteverständnis zu bezeichnen. Anders verhält es sich beim Islam, dem zu gerne unterstellt wird, gar Ursache für Zwangsheirat und Ehrenmord zu sein. Dass gerade über die islamischen Werte und die Theologie islamischer Frauenrechte aber ein Schlüssel zur nötigen Bewusstseinsbildung in Richtung Überwindung solcher Gewaltphänomene liegt, wird geflissentlich übersehen. Darin zeigt sich einmal mehr ein gravierender Mangel an Wissen über den Islam.

Scharia

Wenn ein Politiker „islamkritisch“ auftreten möchte, dann hat sich ein ziemlich simples Konzept eingespielt.  Pauschal wird die „Scharia“ angegriffen. Nicht- Muslime werden die versteckte Botschaft darin entdecken, die besagt: „Wir werden Muslimen beibringen unsere und nicht ihre Gesetze zu befolgen“. Muslime können sich nicht beschweren, weil nicht ihre Religion als solche angegriffen wird, sondern lediglich die Scharia. In diesem Punkt wird von Links nach Rechts mit verblüffender Ähnlichkeit versucht Punkte zu sammeln. Andererseits wurde eine Rede des Erzbischofs von Canterbury Rowan Williams, in der er zarte Überlegungen anstellte, inwieweit die Scharia (ähnlich dem kanonischen Recht) in Großbritannien auch offiziell eine Rolle spielen könnte, europaweit zerrissen.

Niemand geringer als Bürgermeister Häupl, der ja als Freund der Muslime und als offene Persönlichkeit gilt, meinte in einem Standard- Interview im September 2009:

„Man muss sich damit auseinandersetzen, das ist keine Frage. Eine kriminelle Handlung bleibt eine kriminelle Handlung, egal wer sie begeht. Die Scharia ist nicht anzuerkennen als Rechtsbestandteil. Mit mir bekommt auch ein muslimischer Vater seine Schwierigkeiten, wenn er seiner Tochter verbietet, in die Schule zu gehen - ja selbstverständlich! Wenn man da lebt, dann lebt man nach den Regeln und nach den Gesetzen, die es hier gibt. Wer das nicht will, der hat, mit Verlaub, Pech gehabt.“

Dies zeigt, wie nötig eine Auseinandersetzung mit dem Begriff ist. Dr. Häupl nennt ihn ungefragt zwischen Kriminalität und einem muslimischen Vater, der seiner Tochter den Schulbesuch und somit die Bildung verbietet. Dazu das Urteil: „Die Scharia ist nicht anzuerkennen“. Ganz ähnlich Innenministerin Maria Fekter: „Die Scharia ist nicht Teil unserer Rechtsordnung.“ Harald Vilimsky, Generalsekretär der FPÖ, bläst ins gleiche Horn und, wie könnte es anders sein, ergänzt die politische Forderung: „ … die Zuwanderung aus den betroffenen Ländern auf Null zu reduzieren", und „Wenn die betroffenen Herrschaften die Scharia haben wollen, dann stehe ihnen die Ausreise in jene Länder, in denen das islamische Recht praktiziert werde, frei.“

Die oben angeführten Beispiele machen deutlich, wie Politiker in der „Scharia“ eine Art Ersatz für die österreichische Rechtsordnung sehen. Daher stellt sich die Frage, ob Muslime unter diesem Begriff das gleiche verstehen. Bekanntlich benötigt jede Diskussion eine Begriffsklärung. Wenn zwei Leute über einen und den gleichen Begriff debattieren, aber jede Seite darunter etwas anderes versteht, dann braucht man sich nicht wundern, wenn es hier zu Missverständnissen und der Verstärkung von Klischees und Vorurteilen auf beiden Seiten kommt. 

Linguistisch stammt der Begriff „Scharia“ vom arabischen Verb „scharaa“. Dieses hat mehrere Bedeutungen: „anfangen, beginnen, richten, gehen“. Das abgeleitete Nomen „Scharia“ heißt „Wasserstelle, Weg zur Tränke“ und auch die „Gesetzgebung“. Hierzulande unbekannt und desto wichtiger zu betonen ist, dass weder von der arabischen Sprache, noch von der islamischen Religion her sich das Wort Scharia auf den Islam begrenzt. Zum Beispiel wird auch von der Scharia des Hammurabi  also „dem Gesetzeskodex des Hammurabi“ gesprochen. In der arabischen Wikipedia ist von der jüdischen und christlichen Scharia die Rede mit dem Hinweis, dass die einzelne Scharia ihre Regeln aus ihren jeweiligen religiösen Quellen entnimmt. Das Wort Scharia kommt ein einziges Mal im Koran vor. In 45:18 heißt es: „Schließlich brachten Wir dich in der Angelegenheit auf den Weg („Scharia“). Darum folge ihm und folge nicht den Neigungen der Unwissenden“ Dieser Weg wird im anschließenden Vers 20 näher erläutert: „ Dies dient der Einsicht der Menschen und ist eine Rechtleitung und Barmherzigkeit für Leute, die ihres Glaubens gewiss sind“. In einem anderen Vers 42:13 wird das Verb „scharaa“ eindeutig in Zusammenhang mit allen offenbarten Religionen verwendet: „Er hat euch als Religion anbefohlen (scharaa), was Er Noah vorschrieb und was Wir dir offenbarten und Abraham und Moses und Jesus auftrugen. Am Glauben festzuhalten und ihn nicht zu spalten…..“

So unsinnig wie die Frage an einen Christen wäre, was ihm wichtiger sei – die zehn Gebote der Bibel oder die österreichische Verfassung – ebenso unsinnig ist die Frage an den Muslim, sich zwischen religiöser Bindung und Loyalität zum Staat entscheiden zu sollen. Beide Bereiche liegen auf unterschiedlichen Ebenen, die aber nicht automatisch einen Widerspruch bedeuten müssen. Ganz im Gegenteil können religiöse Werte durch ihre Sinnstiftung und ethische Orientierung auch eine positive Beziehung zur persönlichen Verantwortung innerhalb des österreichischen Rechtsstaates bedingen – sei es für den Christen oder für den Muslim.

Wenn jemand Islamwissenschaften in der muslimischen oder arabischen Welt studiert, dann nennt man ihn „Scharia-Student“. Über einen muslimischen Gelehrten wird als „Aalem Scharia“ gesprochen, also als „Islamgelehrter“.  Das heißt, dass die Scharia für die meisten Muslime ungefähr wie die gleiche Bedeutung trägt wie christliche Theologie oder die christliche Lehre für die Christen inklusive aller ihrer Schattierungen und auch Widersprüche. Vor allem ist die Scharia nicht statisch als in sich abgeschlossen zu betrachten. Kein Buchhändler könnte einem Kunden einen Band der Scharia verkaufen. Denn Scharia meint immer auch alles, was Islamgelehrte als Antwort auf Fragen der Glaubenspraxis formuliert haben. Regeln bei der Ausübung der Religion, sei es beim Beten, Fasten und der Pilgerfahrt nach Mekka sind Bestandteil dieser Scharia. Auch wirtschaftliche Angelegenheiten wie die „Zakat“, die soziale Pflichtabgabe gehört dazu. Sie schreibt den Muslimen ab einem gewissen Sockelbetrag vor, mindestens 2,5% des stehenden Vermögens an Bedürftige zu geben und zwar als Pflicht im Sinne der Herstellung sozialer Gerechtigkeit und nicht als „Spende“. Das bekannte Zinsverbot, wie überhaupt die Wirtschaftsethik bildet Inhalte der Scharia. Bemerkenswerter Weise ist dieser Teil als „Islamic Banking“ auch durch die Wirtschaftskrise eher positiv als Alternative an die Öffentlichkeit getreten. Aber wer würde schon – wie dies eigentlich korrekt wäre – das Verbot von Spekulationsgeschäften oder den Handel mit gar nicht vorhandenen Gütern als „Scharia“ bezeichnen?

Wichtig ist den dynamischen Charakter der Scharia zu sehen, der dem Selbstverständnis des Islam entspringt, dass immer dann wenn sich Zeit, Ort und handelnde Personen, also die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ändern, auch Fragestellungen in neuem Licht erscheinen und neuer Antworten bedürfen.

In der Tat wird aber insbesondere, wenn es sich um rechtliche Angelegenheit handelt, auch von der Scharia als „Islamisches Recht“ gesprochen. Hier liegt der Vergleich mit dem kanonischen Recht bei den Katholiken und mit dem jüdischen Recht, der Halacha, das ebenfalls Ähnlichkeit mit der islamischen Scharia aufweist.

Daher ist es wichtig, dass Politiker und Journalisten verstehen, warum Muslime den Kopf schütteln, wenn über die Scharia undifferenziert geschimpft wird. Unter Scharia ausschließlich „Körperstrafen“ zu verstehen (was in Österreich ohnehin kein Mensch verlangt) ist problematisch und für die Muslime irritierend. Klargestellt wurde unmissverständlich in den Schlusserklärungen der Imame-Konferenzen, dass die Vereinbarkeit des Islam mit den Werten von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Pluralismus und Menschenrechten aus der islamischen Theologie heraus gegeben ist.


Dipl. Ing. Tarafa BAGHAJATI

Geboren 1961 in Damaskus/Syrien, seit August 1986 in Österreich, Obmann der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen, Trägerin der Demokratiepreis der Margaretha Lupac-Stiftung für Parlamentarismus und Demokratie 2008, ehemaliger Vorstandsmitglied (2001-2007) und Vizepräsident (2004-2007) von ENAR (European Network against Racism), zurzeit Vorstandsmitglied “Platform for Intercultural Europe PIE”, Gefängnisseelsorger bzw. Imam in Wien Mitglied des ENAR's Advisory Council of Eminent Experts,
ENAR - European Network against Racism. Vortragender zu Themenbereichen: Migration und Integration, Antirassismus, Nahost sowie Islam und Muslime in Österreich bzw. Europa.


[3]

Vgl.: Henryk Broder: Hurra wir kapitulieren. Berlin 2006

[4]

Gudrun Harrer: „Antisemitismus und Islamophobie – zwei Seiten einer Medaille“, Der Standard, Ausgabe vom 19.09.08

[5]

Siehe Matti Bunzl: „Antisemitismus und Islamophobie“. In: Der.wisch- Zeitschrift für viel.seitige, Wien, 2008

[6]

Edward E. Said.: Orientalism. Western conceptions of the Orient, Harmondsworth, Middlesex, 1995, S. 3

[8]

Susanne Heine (Hg.): Islam zwischen Selbstbild und Klischee, Köln, Weimar, Wien 1995. S.3

[9]

Christa Markom und Heidi Weinhäupl: „“Der Islam“ im Schulbuch“. In: John Bunzl und Farid Hafez (Hg): Islamophobie in Österreich, Innsbruck 2009