Zementierung der sozialen Kälte Sozialstaat Österreich - auch für MigrantInnen?
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Das Volksbegehren „Sozialstaat Österreich“ fordert eine Ergänzung der österreichischen Bundesverfassung. In dieser angestrebten Textpassage sollen „soziale Sicherheit und Chancengleichheit der in Österreich lebenden Menschen als eigenständige Ziele“ festgehalten werden. Eine derartige zusätzliche Formulierung würde Erleichterungen für verschiedene sozial schwache Gruppen bedeuten und dabei natürlich auch Menschen mit Migrationshintergrund, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, mit einschließen.
Als wir im Rahmen der Plattform „Österreich für alle gleich“ mit den InitiatorInnen des Volksbegehrens Kontakt aufnahmen, um die vielschichtige Problematik im sozialen Bereich für MigrantInnen zu besprechen, war es unser Anliegen zu betonen, dass gerade die Situation der MigrantInnen ein überdeutliches Bild sozialer Kälte widerspiegelt. Ob es sich um Teilzeit- oder Leiharbeit, befristete, geringfügige oder scheinselbständige Beschäftigung handelt - MigrantInnen stehen häufig am Rande des Systems. Auch Aspekte wie die Pension in der Migration oder Familienzusammenführung bringen vielfältige Härtesituationen. Frauen, die zu ihrem Ehemann nach Österreich nachziehen, werden erst einmal für fünf Jahre vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Die Studiengebühren verhindern neuerdings sehr oft selbst einen die Integration fördernden Einstieg ins reguläre Bildungssystem. Und dann wirft man gerade Frauen vor, sich zu Hause abzukapseln. Sollten Faktoren wie Krankheit und Invalidität mit der Migration zusammentreffen, sind die Probleme umso gewaltiger.
Die Satten übernachten
Das Versagen der neoliberalen Verteilungspolitik gibt nur die breite gesellschaftliche Einstellung wider. Leider hat sich noch immer nicht herumgesprochen, dass sich eine Benachteiligung der ausländischen Bevölkerung auch negativ auf die sozial Schwächeren unter den InländerInnen auswirkt. Diese Tatsache wurde mir erst klar, als unsere „Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen“ erste Projekte mit den Obdachlosen in der Hilfseinrichtung „Gruft“ anging. Dort wurde uns erzählt, dass die Obdachlosen nicht gerne AusländerInnen an diesem Zufluchtsort sähen, weil sie die meisten der MigrantInnen ohnehin für staatlich privilegiert hielten. Nach einiger Diskussion relativierte sich das Bild und man entdeckte Gemeinsamkeiten. Ausgrenzungs- und Verarmungsgefährdung gehen uns alle an.
Dazu eine kleine Geschichte: Einmal saß der Prophet Muhammad mit seinen Gefährten zusammen und schwor dreimalig bei Allah, dass jemand kein rechter Gläubiger sei. Die Gefährten staunten und fragten: „O Prophet, von wem sprichst du denn? Die Antwort lautete: „Wer satt übernachtet, während sein Nachbar hungrig ist.“
In der Broschüre über das Volksbegehren (siehe auch www.sozialstaat.at) wurde das Thema Migration bisher eher nur ansatzweise angesprochen. Die Bemerkung „MigrantInnen und Flüchtlinge verdienen eine menschenwürdige Behandlung“ scheint nicht ganz befriedigend. Uns geht es ausdrücklich um die Betonung der Gleichheit aller Menschen. Diese Anregung wurde seitens der InitiatorInnen aufgenommen. Das Thema Migration sollte in nächster Zeit verstärkt eingebracht werden, MigrantInnen dabei selbst medial auftreten und in den verschiedenen Veranstaltungen für sich sprechen, damit stärker zum Ausdruck kommt, wo „Reformen des Asylrechts“ und „mehr Rechte für MigrantInnen“ greifen müssten. In den zukünftigen Foldern könnte die Abbildung von MigrantInnen für eine buntere Gestaltung sorgen.
Bitte unterschreiben
Die Plattform „Österreich für alle gleich“ hat als Hauptziel eine Verfassungsänderung des Artikel 7 ins Auge gefasst. Wir halten die Aussage „Alle Bundesbürger sind vor dem Gesetz gleich“ für eine Formulierung, die alles andere als ein Gleichheitsprinzip wiedergibt. Daher unsere Forderung: „Alle Menschen, die in Österreich leben, sind vor dem Gesetz gleich“. Wir sehen im Volksbegehren „Sozialstaat Österreich“ viele positive und damit unterstützenswerte Impulse. Leider werden wieder nur die eingebürgerten MigrantInnen an diesem Volksbegehren teilnehmen dürfen, weil die anderen von einer demokratischen Meinungsäußerung ausgeschlossen sind. Wie in vielen anderen Fällen, siehe „Integrationsvertrag“, können die Betroffenen nicht mitreden. Es bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Menschen unterschreiben. Beim Bildungsvolksbegehren haben sich viele auf andere verlassen und mit dieser Passivität das drittschlechteste Ergebnis mit verschuldet. Eine unterdurchschnittliche Beteiligung am Volksbegehren würde die vorhandene soziale Kälte zementieren. Daher sollten wir MigrantInnen alles versuchen, um eine Stimmenmaximierung für ein soziales Österreich zu erreichen. Die offizielle Eintragungsmöglichkeit für die Unterstützungserklärung bei den Bezirksämtern endete mit 30. November. Das Volksbegehren wird in den nächsten Monaten eingeleitet. Eine Woche lang - der Termin wird vom Innenministerium öffentlich bekannt gegeben - gibt es somit die Gelegenheit, dieses Anliegen zu unterstützen. Die Stimmen aus der Einleitungsphase werden hierbei eingerechnet. Darum brauchen alle, die schon jetzt unterschrieben haben, dann kein zweites Mal unterzeichnen.