Muslime, bitte melden

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Friday, 26 February, 2010
Muslime, bitte melden

Die IGGiÖ will einen Überblick über Gläubige und Moscheen in Österreich

Seit Beginn 2010 bittet die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) alle österreichischen Muslime, Moscheen und muslimischen Verbände, sich bei ihr zu registrieren. Anders als im Christentum gibt es im Islam keine Taufe - daher fehlt der IGGiÖ bisher der Überblick über mögliche Mitglieder.

Als die Gemeinschaft 1979 gegründet wurde, lebten in Österreich 4000 bis 5000 Muslime. Heute sind es 400.000 bis 500.000, schätzt Amina Baghajati von der IGGiÖ: etwa sechs Prozent der Bevölkerung. Die letzte offizielle Erhebung war die Volkszählung im Jahr 2001. Damals lebten 340.000 Muslime im Land: rund vier Prozent der Bevölkerung.

Langfristiges Ziel der IGGiÖ ist es, dass Eltern ihre Kinder gleich nach der Geburt als Muslime registrieren - so selbstverständlich, wie sie sie am Standesamt melden. Gründe dafür gibt es viele: Ein Adressverzeichnis erleichtert Zusendungen und Vernetzung. Der Bedarf für muslimische Seelsorge oder Bildungseinrichtungen kann erhoben werden. Es erleichtert die Ausstellung eines Bescheides über die muslimische Religionszugehörigkeit für den Religionsunterricht oder einen Platz auf dem islamischen Friedhof. Schließlich sollen so die Wahlberechtigten für die lokalen Vertretungen bestimmt werden, die wiederum den Schurarat wählen, eine Art "Parlament" der österreichischen Muslime. Noch 2010 sollen diese Wahlen durchgeführt werden.

Einfach wird die Registrierung nicht. In Österreich darf es laut dem Islamgesetz aus dem Jahr 1912 nur eine staatlich anerkannte Vertretung der Muslime geben: "Wer sagt: ,Ich bin Muslim', wird von der IGGiÖ vertreten - so wie es nur eine katholische Religion gibt", erklärt Nikolaus Pelinka, Sprecher des Unterrichtsministeriums, das für Kultusangelegenheiten zuständig ist. Doch allein in Wien gibt es aber etwa 100 Gebetsräume und Vereine verschiedenster islamischer Strömungen - und vor allem türkisch-religiöse Gruppen wollen von der IGGiÖ nicht vertreten werden. Die Religionsgemeinschaft der Aleviten (60.000 Mitglieder) hat sich sogar vor dem Verfassungsgerichtshof beschwert und fordert eine Aufhebung des Islamgesetzes.

Stärker als religiöse Unterschiede präge die Muslime aber ihre unterschiedliche Herkunft, meint Baghajati. Die meisten Muslime in Österreich stammen aus der Türkei oder Bosnien, andere kommen aus dem Iran oder Saudi-Arabien.

Den Abnabelungsprozess von der Herkunftsgesellschaft will die IGGiÖ erleichtern. Langfristig soll eine eigene Identität entstehen, muslimisch und österreichisch gleichzeitig. Dann, so Baghajati, werde eine Registrierung keine Zählung mehr, sondern ein "spannender Transformationsprozess" sein.

(tob, DER STANDARD - Printausgabe, 26. Februar 2010)

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