Alter in Kulturen: Verehrt oder verachtet?
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Ist man wirklich so alt, wie man sich fühlt? Oder legt die Gesellschaft das Alter fest? Welchen Stellenwert hat der hilfsbedürftige Mensch in anderen Kulturkreisen? Dazu wurde am Mittwoch im "DiskussionsFORUM" des Hauses der Barmherzigkeit diskutiert.
"Es gab noch nie so viele über 70-jährige - und laut einer Altersstudie fühlen sie sich alle im Schnitt 13 Jahre jünger. Wird aber heute das 'Siechtum' des alten Menschen verlängert oder viel mehr der Alterungsprozess nach hinten verschoben? War die Stellung der Alten in unserem Kulturkreis früher besser?" Diese Fragen stellte Christoph Gisinger, der Institutsdirektor und Ärztlicher Leiter im Haus der Barmherzigkeit, zu Beginn einer Podiumsdiskussion am Mittwoch, 5. Mai 2010, in Wien. Zum Thema "Alter in Kulturen: Verehrt oder verachtet?" diskutierten Carla Amina Baghajati, von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, der aus Afrika stammende Kaplan von Obergrafendorf, Emeka Emeakaroha, der Autor Georg Markus und Sozialwissenschafter Johannes Pflegerl.
Generationen-Campus geplant
Alt werde man heutzutage immer öfter in einer Pflegeeinrichtung, so Christoph Gisinger, der das Konzept des Hauses der Barmherzigkeit erläuterte: "Wir bieten geriatrische Langzeitbetreuung in einer möglichst attraktiven Lebenswelt. Alte Menschen dürfen nicht wie Schachfiguren herumgeschoben werden!" Um den Dialog der Generationen zu fördern, habe das "Haus der Barmherzigkeit" das Konzept des Generationen-Campus entwickelt. Man wolle Betreuungseinrichtungen mit Bildungseinrichtungen inklusive einer Pflege-Fachhochschule in Wien-Währing vereinen, berichtete Institutsdirektor Christoph Gisinger.
Nach einem Besuch im Haus der Barmherzigkeit Seeböckgasse stand für Carla Amina Baghajati fest, dass das Haus "eher einer Geburtenstation ähnelt als einer Einrichtung, in der Menschen Abschied nehmen".
"Alte Menschen werden geehrt"
Im islamischen Verständnis seien Alte und Junge gleichwertig, erklärte Baghajati. Es bestehe aber ein Generationenvertrag, der Kinder gegenüber ihren Eltern verpflichtet. Baghajati gab ebenfalls zu bedenken, dass alle länger arbeiten müssten, es daher der falsche Weg sei, älteren Mitarbeitern zu verstehen zu geben: "Ihr gehört zum Alten Eisen." Denn sogar ein bettlägriger, alter Mensch habe durch seine Ausstrahlung sehr viel zu geben.
Kaplan Emeka Emeakaroha berichtete von der wichtigen Rolle älterer Menschen in seiner Pfarrgemeinde. Der gebürtige Nigerianer erläutere die afrikanischen Einstellung zum Alter: "Alte Menschen werden geehrt, sie sind Respektspersonen und gelten als weise. Die Dorfältesten werden oft um Rat gefragt und schlichten Streit."
"Wir brauchen neue Konzepte für ein Zusammenleben"
"Früher war es auch in unserem Kulturkreis üblich, ältere Verwandte stark zu respektieren", ergänzte der Autor Georg Markus: Ich habe den Bruch miterlebt. Es ist nötig, wieder mehr die Vorteile des Alters herausstreichen." Man habe "dem Alter durch Missachtung großen Schaden zugefügt haben", so Markus. Der St. Pöltener Sozialwissenschafter Johannes Pflegerl wies auf die Sehnsucht der Österreicher nach der Pension, die trotz Jugendkult existiere: "Die Großelternschaft wird gerne aktiv gelebt", so Pflegerl, der gleichzeitig zu bedenken gab: "Wie gehen Menschen damit um, wenn sie das aufgrund ihrer Berufstätigkeit nicht können?" Es brauche daher neue Konzepte für ein positives Zusammenleben, denn die Kleinfamilie sei überfordert.
(red)
07.05.2010