Interview WIENERIN mit Amina Baghajat

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Wednesday, 19 January, 2011
Interview WIENERIN mit Amina Baghajat

19.01.2011 | 10:56 | Sylvia Margret Steinitz (TypischIch)

Der Prozess gegen die Islamkritikerin Elisabeth Sabaditsch-Wolff wegen Verhetzung geht in die nächste Runde. Ein Gespräch mit der Sprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Amina Baghajati, über die Grenzen der Meinungsfreiheit, Scharia und erwünschte Islamkritik

Frau Baghajati, wo endet für Sie die Redefreiheit?

Dort, wo gezielt Fehl- oder Falschinformation betrieben wird, um eine Bevölkerungsmehrheit gegen eine Bevölkerungsminderheit aufzubringen.

Der Seminarleiterin der Freiheitlichen Bildungsakademie, Elisabeth Sabaditsch-Wolff, wird genau dies vorgeworfen. Deshalb steht sie ab 18. Jänner vor Gericht. Was sagen Sie zu ihrem Weltbild?

Sie leidet unter einer selektiven Wahrnehmung. In ihr Weltbild darf nur rein, was ihr passt. Alles, was der Islam an Positivem in der Welt beiträgt, könnte ihre Argumentation zum Einstürzen bringen. Also wird es ignoriert.

Was ist Ihre Meinung zum derzeit laufenden Prozess?

Sie missbraucht diesen Prozess als Forum für ihre Hassrede, und um falsche Interpretationen des Islam als Wahrheit zu präsentieren.

Nun, diese Möglichkeit wurde ihr vom Gericht geboten: Weder die Richterin noch der Staatsanwalt schienen besonders gut auf diesen Prozess vorbereitet zu sein. Der Staatsanwalt hat die Grundlage der Anklage, die Tonbandaufzeichnung von Elisabeth Sabaditsch-Wolffs Islam-Seminar, laut eigener Aussage nur „auszugsweise angehört". Wie finden Sie das?

Ich finde das beunruhigend. Diese Verhetzung ist ein ernstes Thema, ich würde mir wünschen, dass die Gerichte das auch so sehen.

Bemerken Sie ein Ansteigen der Islamfeindlichkeit in Österreich?

Wir bemerken vor allem, dass eine Randgruppe gefährliches Halbwissen über den Islam verbreitet, das sich zusehends im Mainstream wiederfindet. Wenn BM Maria Fekter sagt: Toleranz ist im Islam ein No-go, dann wissen wir, wo sie das her hat - gerade auch, wenn es ein „Ausrutscher" war. Seit Jahren wird in politischen Kreisen ein Feindbild Islam aufgebaut. Das ständig wiederholte Wort „Islamisierung" schürt Angst, Muslime wollten allen anderen ihren Glauben aufzwingen. Leider herrscht hierzulande ein krasses Unwissen über den Islam. Deshalb haben diejenigen, die dagegen argumentieren, mit ihrer selektiven Wahrnehmung und propagandistischer Fehlinformation freies Spiel.

Können Sie uns ein Beispiel nennen?

Etwa die Behauptung, FGM, die weibliche Genitalverstümmelung von Mädchen sei eine islamische Tradition. Das ist schlicht falsch.

Macht die Islamische Glaubensgemeinschaft gegen die Genitalverstümmelung von Mädchen mobil?

Natürlich. Wir von der IGGÖ haben gerade auf diesem Gebiet in den vergangenen Jahren dabei große Fortschritte erzielt, diese massiv einzudämmen. Und zwar nicht nur im Inland und Europa, sondern international und vor allem direkt in den betroffenen Gebieten Afrikas.

Die Islamkritiker sprechen davon, verhindern zu wollen, dass die Scharia in Europa etabliert wird. Was sagen Sie dazu?

Sehen Sie, keiner weiß doch, was die Scharia eigentlich ist. Das ist kein islamisches Gesetzbuch, das man im Buchladen kaufen kann. Übersetzt bedeutet Scharia „Der Weg zum Wasser". Also etwas, das man bekommt, aber auch immer wieder holen muss: Eine Sammlung von Antworten auf Fragen der religiösen Lebensführung im Islam. Die auch die Freiheit beinhaltet, diese Aussagen zu befolgen oder auch nicht. Was bedeutet das? Man muss sich immer wieder aufs Neue mit den Fragen des islamischen Lebens auseinandersetzen. Die Scharia ist also ein dynamischer Prozess und nicht statisch wie in Stein gemeißelt - und vor allem ist Scharia kein Synonym für „Körperstrafe". Ich kenne niemanden, der hier in Österreich die Gesetze ändern wollte.

Eine auf religiösen Lehren basierende Gesetzgebung gilt in Europa nicht mehr als zeitgemäß. Wenn nun ein orientalischer Politiker im Wahlkampf sagt, er wolle die Scharia einführen - was meint er damit?

Er meint damit das Gleiche wie westliche Politiker, wenn sie versprechen, eine „Law and Order-Politik" ausüben zu wollen. Ordnung, klare Regeln, mehr Sicherheit für die Bürger.

© typischich.at

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