Graswurzelbewegung des Friedens
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Ein kleiner Ort im Innviertel hat sich als „Friedensgemeinde“ etabliert. In solchen Initiativen geschieht jene Basisarbeit, ohne die jede Integrationspolitik scheitert.
Das geschieht nicht alle Tage in einer kleinen Gemeinde in Österreich. Im Saal des Gasthofs zur Post sitzen namhafte Vertreter von vier Weltreligionen auf dem Podium. Die Tischreihen sind an diesem Samstagabend bis auf den letzten Platz gefüllt. „Religionskonflikte und Toleranz – was Religionen trennt und was sie verbindet“ ist das Thema, das angesichts der aktuellen Lage in der arabischen Welt und der Herausforderung durch den Islam in Europa eine beträchtliche Schar von Diskutanten auf die Beine bringt.
Der „Moosdorfer Friedensdialog“ hatte 2009 mit einer Auseinandersetzung über „Krieg oder Frieden mit der Natur“ begonnen – die Bewahrung der Schöpfung nicht als große Debatte über den größten anzunehmenden Unfall in einem Atomkraftwerk, sondern als täglicher Konflikt zwischen wirtschaftlichen Interessen und Schonung des Lebensraums.
Das diesjährige Thema „Religionskonflikte und Toleranz“ hätte treffender nicht sein können. Denn vor 50 Jahren, im Oktober 1961, hatte sich die Bundesrepublik Deutschland mit der Türkei auf ein Anwerberabkommen für „Gastarbeiter“ geeinigt. Damals begann mit einem massiven Schub die Entwicklung, die gern in dem Satz zusammengefasst wird: Gastarbeiter haben wir gerufen, Menschen sind gekommen. Mit fremden Sitten und Bräuchen, einer fremden Kultur und Religion. Wie so oft in der Geschichte Europas sind die wirtschaftlichen Zwänge – damals der Mangel an Arbeitskräften – der Treibsatz gewesen. Große Gedanken, was das an humanitären, sozialen und integrationspolitischen Aufgaben bedeuten sollte, machte sich niemand.
Ein halbes Jahrzehnt danach – die österreichische Historie darf in dieser Frage parallel zur deutschen gesehen werden – steht Nachsitzen auf dem Stundenplan. Die große Politik übt sich darin frei nach dem Motto: Der Herr Integrationsstaatssekretär soll es machen. Weltbewegend war das bisher nicht, und selbstverständlich schlackert die Welt auch nicht mit den Ohren, wenn in der Gemeinde Moosdorf im Bezirk Braunau in Oberösterreich eine gute Hundertschaft gutwilliger Menschen Wege zu einem besseren gegenseitigen Verständnis sucht.
Aber der politische Überbau ist das eine. Das gesellschaftliche Unterfutter das andere. Das illustriert zum Beispiel die Energiewende. Ein Land kann nicht energieautark werden, wenn nicht ein paar Gemeinden die Vorreiterrolle übernehmen, die Sache konkret angehen und sich ein fixes Datum für den Tag setzen, an dem sie ihre Energie selbst erzeugen.
Detto kann der Staat die Integration nicht von oben vorantreiben, wenn nicht viele Initiativen von unten den Boden bereiten. Der „Moosdorfer Friedensdialog“ ist eine solche Graswurzelbewegung, ein solcher Hotspot des guten Willens. Dort wird der Acker gelockert, auf dem der Samen der Verständigung aufgehen kann.
Etwa jener Grundsatz, den Tarafa Baghajati, Vorstandsmitglied der Initiative muslimischer Österreicherinnen und Österreicher, prägte: „Toleranz ist zu wenig. Wir brauchen nicht Duldung, sondern Anerkennung und Respekt.“ Wenn nur dieser eine Satz an diesem Abend hängen geblieben ist, war es die Mühe wert. Dann war das einer dieser wichtigen kleinen Beiträge dazu, dass die Menschen aus der islamischen Welt, die wir als Gastarbeiter gerufen haben, hier eine Heimat finden.