Spiritueller Nachdenkprozess mit einer Koransure
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Carla Amina und Tarafa Baghajati / Bild: (c) Katharina Roßboth
Morgenbetrachtung. Das Ehepaar Baghajati bringt in das Europäische Forum Alpbach spirituelle Aspekte aus muslimischer Sicht ein.
26.08.2015 | 21:37 | Von Erich Kocina (DiePresse.com)
„Es ist momentan nicht in zu sagen, dass man an Gott glaubt.“ Carla Amina Baghajati sagt das auf eine nüchterne Art, ohne dass eine Wertung mitschwingt. „Umso mehr freuen sich viele Menschen darüber, dass wir da sind.“ Da sein, das bedeutet, dass die Sprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich und ihr Mann Tarafa nach Alpbach gekommen sind. Und hier zweimal die interreligiöse Morgenbetrachtung leiten.
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Es ist das 15. Mal, dass das Alpbacher Forum diesen spirituellen Teil beinhaltet. Katholische, evangelische, jüdische, buddhistische und muslimische Vertreter bitten täglich zu einem kurzen morgendlichen Vortrag mit Diskussion und anschließendem Frühstück im Pfarrhof. Für Tarafa Baghajati ist es bereits das dritte Mal, seine Frau ist zum zweiten Mal dabei. Den Auftakt machte Mittwochmorgen das Thema, wie der Islam zu anderen Religionen steht – mit dem Rückgriff auf andere alte Bücher, die im Koran erwähnt werden, also Bibel und Talmud. Dazu rezitiert Tarafa Baghajati eine Koransure auf arabisch, liest sie dann übersetzt vor und interpretiert.
„Viele Dinge, die im Koran stehen“, sagt Tarafa Baghajati, „sind auch in anderen Religionen enthalten.“ Durch die Interpretation von Aussagen aus dem Koran soll dafür Bewusstsein bei den Besuchern geschaffen und ein Reflexionsprozess angeregt werden. Unter anderem auch unter dem Blickwinkel des Generalthemas, das sich das Forum heuer gegeben hat – der Gleichheit bzw. Ungleichheit.
Es sind sowohl Forumsgäste als auch Einheimische, die der morgendlichen Veranstaltung beiwohnen. Und dabei in eine Wertedebatte einsteigen, in der viele Gemeinsamkeiten der Religionen herausgeschält werden sollen. „Wichtig ist“, sagt Tarafa Baghajati, „dass es nicht in der Art eines Oberlehrers vermittelt wird.“
Die offene Art, wie die beiden Muslime über Religion sprechen, komme auch bei Christen gut an, sagt Carla Amina Baghajati. Aber nicht nur Religion ist ein Thema, über das sie in Alpbach sprechen. Da wird viel diskutiert über Flüchtlinge – Tarafa Baghajati stammt selbst aus Syrien –, aber zum Beispiel auch über Frauensolidarität.
Reden über Rollenbilder
Am Dienstagabend hatte sich rund um Böglerhof-Chefin Karin Duftner eine Frauenrunde versammelt, bei der ganz informell über Rollenbilder gesprochen wurde. Und das in einer sehr gemischten Runde – „Die eine hat einen bäuerlichen Hintergrund, die andere war lange in der Wirtschaft – da war die Religion sehr im Hintergrund, sagt Carla Amina Baghajati. Eine Erkenntnis habe sich dabei jedenfalls sehr schnell manifestiert: „Frauen müssen sich trauen zu sagen, was sie als Frau wollen.“ Das ist auch das Thema der zweiten Morgenbetrachtung aus muslimischer Sicht am Donnerstagmorgen.
Dass das vor allem auf Verstand zentrierte Europäische Forum auch die geistige Seite abdeckt, hält sie für einen Gewinn: „Auch Spiritualität kann zu Erkenntnis führen. Es geht nicht alles nur über den Verstand, sondern auch über Emotion.“
Nach den muslimischen Morgenandachten geht es am Freitag und Samstag katholisch weiter: Der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer übernimmt die nächsten zwei Tage.