Protest gegen geplante Änderung des Islamgesetzes - Ein Religionsgesetz darf nicht zum Strafgesetz werden
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Protest gegen geplante Änderung des Islamgesetzes -
Ein Religionsgesetz darf nicht zum Strafgesetz werden
Die Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen hatte bereits im Jahre 2014 vor der Verabschiedung des neuen Islamgesetzes größte Bedenken angemeldet. Vor allem die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes in einem allgemeinen Ton des Misstrauens, der im Gesetz spürbar ist, wurde kritisiert.
Ein Religionsgesetz dürfe keinesfalls zu einem Sicherheitsgesetz werden, merkten wir schon vor fünf Jahren an. Die nun geplanten Verschärfungen gehen in eine noch drastischere Richtung. Daher fordern wir: Ein Religionsgesetz darf nicht mit einem Strafgesetz verwechselt werden!
Folgende Punkte des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung gehen aber genau in diese Richtung:
- §7 definiert die „Aufgaben einer Religionsgesellschaft“. Naheliegender Weise geht es hier vor allem um die Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder (1), um Fragen der Verfassung (2) und der Einrichtungen und vertretungsbefugten Organe (3). Nun sollen zwei weitere Punkte Z 4 und Z 5 hinzugefügt werden, die ganz gewiss nicht der Eigendefinition einer Religionsgesellschaft entspringen würden, da sie in einer Haltung des Misstrauens auf ständige Überprüfung der Finanzgebarung und der Kenntlichmachung aller Funktionsträger/innen abzielen. In keinem anderen Religionsgesetz ist eine derartige Verlagerung der ureigenstenAufgabe einer Religionsgesellschaft von der Sicherstellung der religiösen Bedürfnisse hin zu einer ständigen Kontrolleanzutreffen. In der Praxis droht damit das religiöse Leben insgesamt lahmgelegt zu werden. Denn bereits wenn eine Person spontan in einer Moschee das Wort ergreifen würde und zum Beispiel bei einer Freitagspredigt einspringt, könnte bereits eine Verletzung der Meldepflichten vorliegen. In einer Religionsgesellschaft, die aus dem Selbstverständnis heraus keine Trennung zwischen Laien und Priestern kennt, hemmt dies die entspannte und selbstverständliche Religionsausübung.
- §25 erweitert die Überschrift und spricht nicht nur von „Anzeige- und Meldeverpflichtungen“, sondern ergänzend von „Vorlageverpflichtungen“. Betrachtet man die weiterseingefügte Aufzählung dessen, was hier alles zu melden ist, so spricht daraus nicht nur Misstrauen, sondern erinnert das an eine Art Kontrollzwang. Jede auch noch so kleine, auf Ehrenamtlichkeit und daher nicht berufsmäßig agierende Mitglieder angewiesene Moscheegemeinde muss in der Lage sein, innerhalb kürzester Zeit (sechs Wochen) den Beweis zu erbringen, ausschließlich aus dem Inland finanziert zu sein. Hier geht es um Einrichtungen, die ohnehin um ihr Überleben kämpfen und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag gerade im sozialen Grätzelleben leisten. Mit derartigen Schikanen droht muslimisches Glaubensleben aus der Öffentlichkeit verbannt zu werden.
- §25 legt der Religionsgesellschaft darüber hinaus einen solchen Verwaltungsaufwand in der Beobachtung der Meldepflichten auf, dass sich damit das Profil in der Wahrnehmung ändern wird. Die Islamische Glaubensgemeinschaft würde nicht nur „verkirchlicht“, wie dies bereits im Zuge des Islamgesetzes von 2015 von Religionsrechtlern angemerkt wurde, sondern zu einer Art Aufsichtsbehörde über die Muslime. Dies ist auch darum hochproblematisch, weil damit Ressourcen gebunden würden, die eigentlich dringend für die gesunde Fortentwicklung von „Islam in Österreich“ benötigt würden, zur Stärkung desIdentitätsgefühls zugleich muslimisch und österreichisch zu sein.
- Die Erweiterung von § 30 sieht drastische Geldbußen vor, wo dies zuvor eher unbestimmt als Möglichkeit in den Raum gestellt war (bis zu 7.200 Euro oder der doppelte Geldwert jener Mittel, welche gesetzeswidrig im Ausland aufgebracht wurden). Diese werden unter der Überschrift „Durchsetzung von behördlichen Entscheidungen“ gefasst.
Während die österreichische Regierung immer wieder die staatlich kontrollierten Religionsbehörden (wie z. B. Diyanetin der Türkei) kritisiert, versucht man eine vorhandene eigenständige Institution so zu mutieren, dass diese in ganz ähnlicher Weise unter staatlicher Aufsicht steht. Die säkulare Trennung von Kirche, bzw. Religionsgesellschaft und Staat wird dadurch untergraben.
In keinem anderen der österreichischen Religionsgesetze ist ein derartiger Ton und eine derartige Ausrichtung anzutreffen. Damit ist der Gleichheitsgrundsatz verletzt.
Nicht zuletzt ist auch das Prozedere, wie die Verschärfungen des Islamgesetzes in Gang gesetzt wurden, ein Hinweis darauf, dass die gute österreichische Tradition, dass Religionsgesetze immer im Einvernehmen mit der betroffenen Religionsgesellschaft erarbeitet und danach im Parlament beschlossen werden, verlassen wurde. Eine echte inhaltliche Einbindung fand vor der Einleitung des Begutachtungsverfahrens nicht statt.
Wien, am 26.01.2020
Dipl.- Ing. Tarafa Baghajati, Obmann
Dipl.- Ing. Mouddar Khouja, Generalsekretär