Schweitzer Tagesanzeiger - Haider will nun Moscheen ganz verbieten
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Jörg Haiders BZÖ startet eine Initiative gegen Minarette - und weist jede Parallele mit der SVP empört von sich.
Eine Moschee mit Minarett entspreche «nicht unserer Kultur, unserer baulichen Tradition und unserer Wertehaltung». So begründete heute in Klagenfurt der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (BZÖ) seine jüngste Initiative, den Bau von Moscheen verbieten zu lassen.
Noch im Herbst will Haider Anträge zur Änderung der Bauordnung, des Ortsbildpflegegesetzes und des Gemeindeplanungsgesetzes einbringen. Eine fremde Baukultur dürfe nicht zum sichtbaren Wahrzeichen einer «religiösen Tendenz in unserem Land werden», so Haider.
Befürworter eines Türkei-Beitritts
Anlass für das geplante Moscheenverbot ist der Antrag der Islamischen Gemeinde in der Kärntner Kleinstadt Spittal an der Drau, in einem leeren Gebäude ein Gebetshaus einzurichten. Ein Minarett ist allerdings nicht vorgesehen, die Fassade des Hauses soll nicht verändert werden. Haider behauptet jedoch, dass mit der Widmung die Tür zu einem schleichenden Umbau in eine Moschee geöffnet werde. Durch die Gesetzesänderungen sollen Moscheen und Minarette als Störung des Ortsbildes definiert werden. Für ihre Errichtung wären dann Sondergenehmigungen notwendig. Allerdings dürfte das BZÖ («Bündnis Zukunft Österreich») im Landesparlament für diesen Vorschlag kaum eine Mehrheit finden.
Haider rühmte sich oft seiner guten Kontakte zur islamischen Welt, er machte sich für den Beitritt der Türkei zur EU stark und empfing erst vor zwei Wochen Saif al-Islam Qadhafi, den Sohn des libyschen Diktators. Seine ehemalige Partei FPÖ wirft ihm deshalb jetzt «Doppelzüngigkeit» vor. Das Verbot von Moscheen will sie trotzdem unterstützen und setzt noch eine Drohung hinzu: Reiche eine Änderung der Bauordnung nicht aus, «dann werden wir die Schaufel nehmen und niederreissen, was uns stört», sagt Karlheinz Klement, Vorsitzender der FPÖ-Kärnten.
Die Freiheitlichen müssen starke Töne spucken, denn in Kärnten wird kommendes Jahr gewählt, und Haider reisst mit der Moscheediskussion ein klassisches FPÖ-Thema an sich. Nach der Abspaltung des BZÖ 2005 konnten die geschwächten Freiheitlichen unter ihrem neuen Vorsitzenden Heinz-Christian Strache mit einem besonders ausländer- und islamfeindlichen Kurs wieder Tritt fassen. Bei den vergangenen Parlamentswahlen erzielte Strache mit dem Slogan «Daham statt Islam» (Daheim statt Islam) ein unerwartet gutes Ergebnis. Danach verschwand das Thema Moscheen aber aus den österreichischen Medien. Strache wich nach Deutschland aus und beteiligte sich in Köln an der Kampagne gegen den Bau einer Moschee.
Vergleich mit antisemitischer Hetze
Omar al-Rawi, Integrationsbeauftragter der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Wien, spricht nun von einer «Besorgnis erregenden Entwicklung» und erinnert an Aspekte der antisemitischen Hetze der Zwischenkriegszeit, als das orientalische Aussehen mancher Synagogen als Vorwand für deren Zerstörung diente: «Ein Klima, in dem Islamfeindlichkeit gedeihen kann, lässt auch Antisemitismus zu.»
Die jüngste Moscheendiskussion in Kärnten sieht der Sozialdemokrat Rawi in Verbindung mit der Schweizer Initiative gegen den Bau von Minaretten. Haider könne schwer ertragen, längere Zeit nicht in den Medien präsent zu sein, «da hat er sich halt abgeschaut, was die Schweizer Volkspartei so macht.» Der Verdacht des Ideenklau wird in Klagenfurt sofort zurückgewiesen: Die SVP sei für das BZÖ nie ein Vorbild gewesen, sagt Haiders Sprecher Stefan Petzner: «Die Schweizer reden nur vom Minarettverbot. Wir aber handeln.» Rund 400'000 Muslime leben in Österreich, die Hälfte davon in Wien. Kärnten hat mit 11'000 Muslimen die zweitniedrigste Quote des Landes. Das Verhältnis des Staates zu der religiösen Minderheit galt bis jetzt als vorbildlich in Europa. Seit 1912 ist der Islam als Religionsgemeinschaft staatlich anerkannt, in den Schulen wird islamischer Religionsunterricht als Freifach angeboten, Religionslehrer und Imame werden auf einer pädagogischen Akademie ausgebildet.
In ganz Österreich gibt es rund 200 Gebetshäuser, aber nur eine Moschee in Wien, die mit ihren Minaretten schon von Weitem als solche erkennbar ist. Im kleinen Tiroler Ort Telfs versuchte die FPÖ mit einer Bürgerinitiative den Bau einer Moschee mit Minarett zu verhindern. Das gelang zwar nicht ganz, doch die Höhe des Minaretts musste radikal verringert werden. Ausserdem darf vom Turm aus niemals ein Muezzin zum Gebet rufen. Im niederösterreichischen Bad Vöslau wurde der Bau eines islamischen Zentrums nur ohne Minarette genehmigt. Omar al-Rawi vergleich die Lage der Muslime deshalb mit jenen der Protestanten in Österreich vor 300 Jahren: «Kaiser Josef II. erliess zwar ein Toleranzedikt, aber protestantische Kirchen durften damals nicht wie Kirchen aussehen, und das Glockenläuten war verboten.»