Wahlrecht für Ausländer!
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Mein Bezirksvorsteher kommt aus der Türkei, und Deiner?" war in den Werbebroschüren der FPÖ während des Nationalratswahlkampfes im November 2002 zu lesen. In den bunten FP-Blättern durften Kopftuch-tragende Frauen nicht fehlen. Dass diese Partei gegen das im Wiener Gemeinderat beschlossene Wahlrecht für Ausländer, ohnehin nur auf Bezirksebene und nur nach fünfjährigem Aufenthalt, tobt, braucht keine eingehende Analyse. So weit, so schlecht.
Nun ist die Argumentation "Wahlrecht muss ein Staatsbürgerschaftsrecht bleiben", wie unisono von FPÖ und ÖVP beteuert wird, einfach nicht stimmig, da EU-Ausländer sehr wohl als Nichtstaatsbürger ein Wahlrecht auf Bezirksebene besitzen. Warum soll ein Spanier nach einem kurzfristigen Aufenthalt seine Bezirksvertretung mitbestimmen dürfen, während ein Türke, der seit über einem Jahrzehnt seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, von dieser Mitbestimmungsmöglichkeit ausgeschlossen wird?
Was verspricht sich die ÖVP von diesem Kurs? Die ÖVP als konservative "Familienpartei" genießt bei vielen Migranten aufs erste gegenüber anderen Parteien eine Art Bonus. Denn die Berufung auf religiöse, soziale Werte kommt auch bei vielen Muslimen gut an. Das Familienbild vieler Migranten entspricht vermutlich sogar mehr als das vieler waschechter Österreicher jenem der ÖVP: Geburtenrate Note 1.
Außenministerin Ferrero-Waldner lud kurz vor der letzten Nationalratswahl eine große Runde Neo-Österreicher und Migranten ein und würdigte deren Mitwirkung am Aufbau Österreichs als nicht mehr wegzudenkenden Faktor. Wie kann die Realpolitik der ÖVP diesen Menschen vorschreiben, dass sie erst mit der Erlangung des Staatsbürgerschaftsnachweises als vollwertige Mitglieder dieser Gesellschaft betrachtet werden?
Viele der Neo-Österreicher stammen aus Ländern, in denen nicht unbedingt Demokratie herrscht. Viele von ihnen betreten hier erstmals in ihrem Leben eine Wahlzelle. Was ist so schlecht, wenn Erfahrung mit politischer Partizipation auch vor Erlangen der Staatsbürgerschaftspapiere gemacht werden kann? "Passt euch an", "Lernt Demokratie" sind zwei der gängigsten Aufforderungen vieler an Ausländer. Warum sucht man diese verlangte "Anpassung" und "Demokratiefähigkeit" zu verhindern, ausgerechnet dann, wenn sie gelebt werden könnte?