Islamlehrer werden knapp
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21.03.2014 | 18:44 | Julia Neuhauser (Die Presse)
Da es immer mehr muslimische Schüler gibt, braucht es auch mehr Religionslehrer. In ländlichen Regionen kann der Bedarf nicht gedeckt werden. Auch in Wien ist man an der Grenze.
Wien. In Wiens Haupt- und Neuen Mittelschulen (NMS) gibt es mittlerweile mehr Muslime als Katholiken – und die Zahl der islamischen Schüler wird weiter steigen. Diese Entwicklung hat freilich auch Auswirkungen auf den Bedarf an islamischen Religionslehrern. Es werden zwar immer mehr ausgebildet, doch sind es (noch) nicht genug. In Wien kann der Bedarf zwar gerade noch gedeckt werden, in den ländlicheren Regionen ist die Situation aber problematisch.
„Es gibt Schüler, die trotz des Wunsches nach einem islamischen Religionsunterricht keinen besuchen können. Oft ist der nächste Standort, an dem ein solcher Unterricht angeboten wird, zu weit entfernt“, erzählt Amina Baghajati, die Sprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ). Anfahrtswege von bis zu 40 Kilometern seien in ländlichen Regionen keine Seltenheit, bestätigt die zuständige Fachinspektorin in Niederösterreich. In der Steiermark und in Kärnten will man zwar nicht von einem Mangel sprechen, gibt aber zu, dass Studenten im Unterricht eingesetzt werden, um die Nachfrage zu decken.
Die Mehrheit der islamischen Schüler lebt jedoch in der Hauptstadt. Allein in den Wiener Pflichtschulen haben rund 30.000 Schüler ein islamisches Religionsbekenntnis. Sie werden von 172 Religionslehrern unterrichtet. Auf einen Lehrer kommen im Schnitt mehr als 170 Schüler. Nur so – also durch die Betreuung von hohen Schülerzahlen an mehreren Schulen – kann in Wien ein eklatanter Lehrermangel vermieden werden. „Wir haben aber einen stetig wachsenden Bedarf“, heißt es bei der Islamischen Glaubensgemeinschaft.
Österreichweit besuchen rund 66.000 Schüler einen islamischen Religionsunterricht. Dafür werden insgesamt 570 Lehrer eingesetzt.
„Wählerischer“ bei Lehrerwahl
Generell ist im islamischen Religionsunterricht derzeit einiges in Bewegung. Erst Mitte dieser Woche wurden neue Lehrbücher für die Volksschule präsentiert, die den islamischen Glauben zeitgemäß und europäisch vermitteln sollen. Vor Jahren hatte es nämlich heftige Kritik an den derzeit eingesetzten Büchern gegeben, die als teilweise martialisch beschrieben wurden.
Und auch an der Lehrerausbildung wurde in den vergangenen Jahren gefeilt. Fuat Sanaç, Präsident der IGGiÖ, sagte diese Woche, bei der Auswahl der Lehrer sei man „wählerischer geworden“. Die Situation vor mehr als 30 Jahren, als der islamische Religionsunterricht in Österreich eingeführt wurde, war tatsächlich eine völlig andere. 1982 gab es noch kaum qualifizierte Lehrer in diesem Bereich. Deshalb wurden viele aus der Türkei geholt. Mit der Gründung der Islamischen Religionspädagogischen Akademie (IRPA) in Wien im Jahr 1998 gab es erstmals eine eigene Ausbildungsstätte. Seit 2006 wird an der Universität Wien außerdem das Studium der Islamischen Religionspädagogik angeboten. Dieses gibt es nun auch an der Universität Innsbruck. „Der Pool, aus dem wir nun auswählen können, ist ein völlig anderer“, sagt Baghajati. Die IGGiÖ, die ja für die Bestellung der islamischen Religionslehrer verantwortlich ist, habe nun deutlich strengere Kriterien.
Katholiken: Hohe Fluktuation
Die zunehmende Zahl an islamischen Schülern geht übrigens seit Jahren auch mit einem Rückgang der katholischen Kinder und Jugendlichen einher. Das bestätigt das Erzbischöfliche Amt für Unterricht und Erziehung. Das bedeute aber nicht automatisch, dass es zu viele Religionslehrer gebe, heißt es dort. Im Gegenteil: Auch im katholischen Religionsunterricht werden vereinzelt Studierende als Lehrer eingesetzt. Der punktuelle Mangel sei durch die hohe Fluktuation unter den Lehrern bedingt. Das habe damit zu tun, dass der einst männlich geprägte Beruf von immer mehr Frauen ausgeübt werde – und durch Schwangerschaften gebe es immer wieder akuten Bedarf.
Der Islamischen Glaubensgemeinschaft geht es hier nicht unbedingt anders: Auch hier verschärfen Karenzzeiten die Situation.
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