Grundlagen für soziales Engagement im Islam

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Quellen:

Qur'an und Sunna. Der Qur'an ist weitgehend als religiöse Grundlage bekannt, weniger die sogen. "Sunna", die Gewohnheit des Propheten Mohammed (s.s.), also all dessen, das er sagte, empfahl, billigte oder verbot. Er hat nicht nur den Qur'an beispielhaft für die Gläubigen gelebt, sondern in vielen Fällen für die Gläubigen erst erläutert, wie die Anweisungen im Qur'an zu leben/praktizieren seien. Beispiel: Das Gebet. Im Qur'an erwähnt, aber die genaue Durchführung vom Propheten gelehrt.

Nach Verständnis der Muslime ist auch das, was in Tora und Evangelium von Gott herabgesendet wurde nicht alles aufgehoben, sondern vieles hat seine Gültigkeit behalten. Der Qur'an wird als Bestätigung des schon zuvor Herabgesandten und als "Unterscheidung" („furqaan“, Sure 3:4) bezeichnet. In diesem Sinne halten sich die Muslime z.B. auch an die 10 Gebote des Alten Testaments oder das Gebot der Nächstenliebe des Neuen Testaments.

Grundlagen allen theologischen Verständnisses der Wirklichkeit sind im Islam die 6 Glaubens-artikel (Existenz Gottes, Existenz anderer geistiger Lebewesen - "Seine Engel", Existenz göttlicher Offenbarungen - "Seine Bücher", Entsendung von Propheten - "Seine Gesandten", Letztes Gericht/Leben nach dem Tode, Vorherbestimmung). Darüber hinaus schreibt der Islam für ihn allein spezifische Verhaltensweisen vor - die sogenannten "fünf Säulen" (neben dem Glaubensbekenntnis "Schahada" , 5-maliges rituelles Gebet, Abführen der "Zakat" (soziale Pflichtabgabe), Fasten im Monat Ramadan und – sofern gesundheitlich und finanziell möglich - Pilgerfahrt nach Mekka. Schon diese Säulen zeigen den islamischen Grundsatz, dass Glaube auch aus der Tat besteht und selbst geistige Tätigkeit wie das Gebet mit körperlicher Aktivität verbunden ist. Glaube ist nur authentisch, wenn ihm die Tat folgt, er mit der Tat verbunden ist. Jeder Mensch ist für sein eigenes Tun verantwortlich (es gibt keine Vorbelastung), steht in einer Prüfungssituation, in der er sich bewähren kann und worüber er Rechenschaft ablegen muss.

Soziales Engagement ist Gottesdienst

Zu den Aufgaben des Gläubigen gehört unmittelbar nach der Aufforderung zur Verrichtung des Pflichtgebetes die Sorge für seine Mitmenschen. Die sogenannte "Zakat" ist nach dem Glaubensbekenntnis und dem rituellen Gebet die dritte der fünf Säulen der islamischen Glaubenspraxis und ebenso wie dieses Gottesdienst. Gesamtgesellschaftlich soll sie der Herstellung sozialer Gerechtigkeit dienen. Sie wird im Qur'an 28 Mal im Zusammenhang mit dem Gebet erwähnt, was ihren Stellenwert und ihre Wichtigkeit noch zusätzlich betont.

Beispiel: In Sure 2:277 ist formuliert : "... diejenigen die gläubig sind und gute Werke tun und das Gebet verrichten und die Zakat geben, denen ist ihr Lohn von ihrem Herrn gewiss und sie brauchen keine Angst haben noch müssen sie traurig sein."

Am besten umschrieben kann der Ausdruck "Zakat" mit "sozialer Pflichtabgabe" werden. Dabei müssen genau festgelegte Anteile des Vermögens für Bedürftige abgegeben werden. Das kann von  Kapitalvermögen, aber auch anderen Vermögensarten wie z.B. Bodenschätzen, landwirt-schaftlichen Produkten, Immobilien- und Grundvermögen, ... sein. Die Bedürftigen haben einen Rechtsanspruch auf diese Abgabe und stehen den Zakat-Pflichtigen, also den Vermögenden, nicht als Bittsteller, sondern als gleichberechtigte Partner gegenüber. Gott ist es, der Vermögen gibt, weshalb Vermögen nicht als dem Menschen gehörig und auch gleichzeitig als eine Prüfung für den Gläubigen betrachtet wird. Wird er seiner Verantwortung, die er als vermögenden Mensch gegenüber den Mittellosen hat, gerecht werden oder negative Charaktereigenschaften wie Geiz und Habgier entwickeln und sein Vermögen verschwenden? Übersetzt heißt das Wort "Zakat" Reinigung. Reichtum soll vom Makel des unrechtmäßigen Besitzes bzw. der alleinigen, aus-schließlichen Verfügung gereinigt werden. Der Besitzer soll von den genannten schlechten Charaktereigenschaften bewahrt werden und auch auf Seiten der Mittellosen sollen negative Gefühlen wie Neid und Missgunst vermieden werden.

Der Mensch wird im Qur'an wiederholt und ausdrücklich vor einer Verschwendung seines Vermögens gewarnt und eindringlich aufgefordert, den tugendhaften, "steilen Weg" zu gehen. In Sure 90:13ff steht genau erklärt, was unter dem "steilen Weg" zu verstehen ist:

"Die Befreiung eines Sklaven, oder die Speisung an einem Tag der Hungersnot, eines Waisenkindes zu dem Verwandtschaftsbande bestehen, oder eines Bedürftigen im Staube. Dann wird er (der Mensch) zu denen gehören, die glauben und zur Geduld aufrufen und zu Güte und Barmherzigkeit aufrufen."

Das heißt also, dass der Gläubige noch über seine Zakat-Pflicht hinaus - so er überhaupt im Besitz eines Vermögens ist - aufgefordert wird, Bedürftige zu unterstützen. Aus einem Hadith, einem überlieferten Ausspruch des Propheten Muhammad (s.s.) geht hervor, dass es besser für die Menschen ist, das, was sie nicht benötigen, freigiebig zu spenden. Diese Art des Spendens wird als "sadaqa", also Almosen/Spende bezeichnet. Was unter sadaqa  noch alles zu verstehen ist geht aus folgendem Hadith hervor:

"Jedem Muslim obliegt die sadaqa." Die Leute fragten: "Und wenn er nichts findet (was er geben könnte)?" Er antwortete: "Dann soll er von der Arbeit seiner Hände leben und (davon) Almosen geben." Sie sagten: "Wenn er dazu nicht imstande ist oder es nicht getan hat?" Er antwortete:

"Dann hilft er einem verzweifelten Bedürftigen." Sie fragten: "Und wenn er das auch nicht getan hat?" Er antwortete:" Dann fordert er (andere) zum Guten auf." Sie fragten: "Und wenn er das (auch) nicht getan hat?" Dann enthält er sich des Bösen. Denn das ist sadaqa."

Viele Qur’an-Stellen und Hadithe greifen das Thema sadaqa auf. Eine Überlieferung besagt z.B., dass zwischen zweien Gerechtigkeit herstellen, einem Mann mit seinem Reittier zu helfen, ihn  hinaufzuheben oder ihm sein Gepäck hinaufzureichen ebenfalls sadaqa ist, genauso wie das gute Wort und jeder Schritt, den man zum Gebet geht oder wenn man etwas Schädliches vom Weg entfernt. Sadaqa ist also ein sehr weitreichender Begriff.

Jeder hat nach seinen ihm gegebenen Möglichkeiten Gelegenheit, anderen Gutes zu tun. Wie der Prophet (s.s.) sagte, soll ein Muslim seinem Bruder (oder seiner Schwester) wünschen, was er für sich selbst wünscht. „Gott der Barmherzige erweist dem Barmherzigkeit, der seinerseits anderen barmherzig ist. Seid darum allen auf Erden barmherzig, dann ist euch barmherzig, Der im Himmel ist.“ heißt es in einem anderen Hadith.

Der Glaube allein verleiht vor dem Angesicht Gottes allen  guten Taten dann ihren Wert, wenn sie aus Liebe zu Gott und aus echtem Mitgefühl heraus geschehen und kein zur Schau stellen sind. In diesem Sinn ist alles was der Gläubige tut auch Gottesdienst. Man gibt Almosen, um Gott zu gefallen, nicht um Ansehen bei den Menschen zu erlangen. Darum wird im Qur'an geraten, Almosen (in Form von Spenden) nicht in der Öffentlichkeit zu geben, obwohl dies erlaubt ist (2:274).

Eltern, Waisen, Nachbarn, Kranke

Sehr ans Herz gelegt sind den Gläubigen die Verwandten - hier insbesondere die Eltern. Der Qur'an spricht eindeutige Worte, ehrenvoll mit ihnen umzugehen und ihnen besondere Barmherzigkeit angedeihen zu lassen, wenn sie alt geworden sind, da sie barmherzig waren, als man klein war. (Sura 17:23ff).

Auch zur Speisung der Waisen fordert der Qur'an wiederholt auf. In Sure 107 (Al Ma'un - die Hilfestellung) wird derjenige, der das Waisenkind schroff zurückweist und nicht dazu ermutigt, den Bedürftigen zu speisen, sogar als Verleugner der Religion bezeichnet. Die Hilfestellung die in dieser Sure angesprochen wird, meint darüber hinaus die vielen kleinen Bedürfnisse des täglichen Gebrauchs, Hilfe und Unterstützung bei jeglichen Schwierigkeiten, also auch die gelegentlichen Freundlichkeiten, die als sadaqa /Almosen, zu verstehen sind.

Ebenso  hat der Prophet  Mohammed (s.s.) die Obsorge für die Nachbarn den Gläubigen aufgetragen. Er sagte: "Der ist kein wahrer Gläubiger, der sich satt isst, während sein Nachbar hungert." An den Nachbarn soll der Gläubige immer denken, z.B. indem er der Suppe etwas mehr Wasser für ihn zufügt, seine Rechte wahrt usw.

Besonders  hervorzuheben ist der Krankenbesuch, der  ebenfalls zu den aufgetragenen Pflichten gehört. "Besucht die Kranken, speist den Hungrigen und lasst den Gefangenen frei." lautet ein Hadith diesbezüglich und bei anderer Gelegenheit wurde noch ergänzt, jemandes Einladung zu folgen, dem Unterdrückten zu helfen, Eide zu erfüllen, den Gruß zu erwidern und dem Niesenden Gutes zu wünschen.

Eine weitere Überlieferung lädt auf sehr schöne Weise zum Krankenbesuch ein: "Gott der Mächtige und Erhabene, wird am Tage der Auferstehung sagen: 'Oh Sohn Adams, ich war krank und du hast mich nicht besucht.' Der Mensch wird antworten: 'Oh Herr, wie kann ich Dich besuchen, wo Du doch der Herr der Welten bist!' Allah wird sagen: 'Wusstest du nicht, dass einer Meiner Knechte krank war und du hast ihn nicht besucht? Wusstest du nicht, dass - wenn du ihn besucht hättest - du Mich bei ihm gefunden hättest?'"

In der Überlieferung werden die Gläubigen immer wieder zum selbstlosen Dienst am Nächsten angespornt wie z.B. in folgender bekannter Erzählung, gekürzt wiedergegeben:

Ein Mann träumte von einem gewissen Ali, dessen Pilgerfahrt nach Mekka nicht nur von Allah angenommen wurde, sondern der auch bewirkte, dass die Pilgerfahrt von 40 anderen Leuten angenommen wurde.

Neugierig begab er sich auf die Suche nach diesem Ali und als er ihn fand, fragte er ihn, ob er auf Pilgerfahrt gewesen sei. Dieser antwortete ihm, dass er dies vorgehabt hätte und auch schon das ganze Geld über Jahre hinweg erspart gehabt hätte. Kurz bevor er abreisen wollte nahm er jedoch von seinem Nachbarn her einen besonderen Geruch wahr. Er fragte den Nachbarn, was das gewesen sei und der sagte ihm, dass seine Not so groß geworden sei, dass er seinen Esel schlachten und zubereiten musste, um seine Kinder ernähren zu können.

Ali hätte sich nun gedacht, wie er auf Pilgerfahrt fahren könne, wenn sein Nachbar nicht einmal das Notwendigste zum Leben hätte und schenkte ihm sein für die Pilgerfahrt erspartes Geld. Durch diese Selbstlosigkeit nahm Allah nicht nur die Pilgerfahrt an, die Ali  beabsichtigt hatte, sondern auch von  40 anderen Personen, deren Pilgerfahrt sonst nicht angenommen worden wäre.

Durch Erzählungen wie diese sollen die Gläubigen zusätzlich dazu ermutigt werden, das eigene Ego zu erziehen und zurückzudrängen zugunsten der guten, selbstlosen Tat, die von Allah vielfach belohnt wird.

In der islamischen Welt kam es schon sehr früh zu einem ausgeprägten sozialen Engagement. Z.B. besaß Bagdad im 9. Jh. bereits 34 Krankenhäuser, in Andalusien wurden Stiftungen gegründet, überall gab es Armenküchen. In der islamischen Welt wird heute noch von den Moscheen Essen für Arme ausgegeben, insbesondere in der Zeit des Ramadan (hl. islamisches Fastenmonat). Die bekannte orientalische Gastfreundlichkeit entspringt der islamischen Forderung, den Gast (den Reisenden) zu ehren und großzügig zu den Menschen zu sein (=sadaqa) und ist nach wie vor sehr lebendig. Die Kinder wachsen damit auf und es ist weitgehend selbstverständlich, großzügig Geschenke zu geben und  - auch wenn es einem selbst nicht gut geht - anderen zu helfen oder zu spenden.

Abschließend einige themenbezogene Verse aus dem Qur'an:

"Die wahre Frömmigkeit besteht nicht darin, beim Gebet das Gesicht nach Osten oder Westen zu richten, sondern darin, an Gott, den Jüngsten Tag, die Engel, das Heilige Buch und die Propheten zu glauben, gerne Spenden zu geben, um Verwandten, Waisen, Armen, mittellosen Wanderern und Bettlern zu helfen, Leibeigene freizukaufen, das Gebet zu verrichten, die Zakat-Abgaben zu entrichten, Wort zu halten und in Not, Prüfung und gerechtem Krieg geduldig auszuharren. Das sind die Rechtschaffenen, und das sind die Frommen."  (2:177)

„Und dient Allah und stellt Ihm nichts an die Seite, und erweist den Eltern Wohltaten und ebenso den Verwandten, Waisen und Armen, den nahestehenden Nachbarn und den fernen Nachbarn, dem Gefährten an euerer Seite und dem Reisenden und denen, die euch gehören. Wahrlich, Allah liebt nicht die, die überheblich und stolz sind.“ (4:36)

„Wahrlich, Allah gebietet, Gerechtigkeit zu üben und Gutes zu tun und Freigebigkeit gegen den Verwandten und Er verbietet Abscheulichkeit und Unrecht und Ungehorsam. So lehrt Er euch, auf dass ihr ermahnt werden möget.“ (16:90)

„Und gib dem Verwandten, worauf er ein Anrecht hat, und ebenso dem Armen und dem Reisenden. Hüte dich jedoch vor Verschwendung.“ (17:26)

„Gut und Kinder sind die Zier des diesseitigen Lebens. Doch bleibende gute Werke sind es, die bessere Belohnung bei deinem Herrn erfahren und Anlass zur schönsten Hoffnung geben.“ (18:46)

„Die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen sind einander Beschützer und Helfer. Sie gebieten das Gute und verwehren das Böse und verrichten das Gebet und geben die „Zakat“ und gehorchen Allah und Seinem Gesandten.  Sie sind es, denen Allah Seine Barmherzigkeit schenkt. Wahrlich, Allah ist allmächtig, allweise.“ (9:71)

„Jene, die bereitwillig spenden, sei es in Glück oder im Unglück, und die ihre Wut bezähmen und den Menschen vergeben – und Allah liebt die, die Gutes tun.“ (3:134)

„Niemals werdet ihr Frömmigkeit erlagen, ehe ihr nicht von dem spendet, was ihr liebt. Und was immer ihr spendet, Allah weiß wahrlich darüber Bescheid.“ (3:92)

„Das Gleichnis derjenigen, die ihren Besitz auf dem Pfad Allahs spenden, ist wie das Gleichnis eines Samenkorns, das sieben Ähren wachsen lässt, in jeder Ähre hundert Körner. Und Allah vervielfacht (den Lohn) wem Er will. Und Allah ist allumfassend, wissend.“ (2:261)

„Freundliche Worte und Verzeihung sind besser als Wohltätigkeit gefolgt von Ungebührlichkeit. Und Allah ist Sich Selbst genügend, nachsichtig.“ (2:263)

„Diejenigen, die Zinsen verschlingen, sollen nicht anders auferstehen als jemand, den Satan durch Berührung zum Wahnsinn getrieben hat. Dies weil sie sagen „Handeln ist dasselbe wie Zinsnehmen“. Doch Allah hat Handeln erlaubt und Zinsnehmen verboten. Und wenn zu jemandem eine Ermahnung von seinem Herrn kommt und er dann aufhört, dem soll verbleiben was bereits geschehen ist ..... Allah wird den Zins dahinschwinden lassen, die Mildtätigkeit aber (im Lohn) vermehren .... Oh die ihr glaubt, fürchtet Allah und verzichtet auf das, was noch übrig ist an Zinsen, wenn ihr Gläubige seid.“ (2:275ff)

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