Replik Tarafa Baghajati auf Thomas Schmidinger in "Die Presse" vom 23.01.2007

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Replik Tarafa Baghajati auf Thomas Schmidinger in "Die Presse" vom 23.01.2007

Hier lesen Sie unverkürzt die Originalfassung des Gastkommentars in „Die Presse“ vom 30.01.2007

Wer mit plumpen Unwahrheiten politisch operiert, muss sich den Vorwurf „Veschwörungstheoretiker“ gefallen lassen.

Sprechen wir Klartext: Thomas Schmidinger hat überhaupt kein Problem mit dem politischen Islam. Seine besten Kontakte zu der von ihm selbst als politische islamistische Bewegung bezeichneten SCIRI (Supreme Council for the Islamic Revolution in Irak) zeigen dies. Auch seine Versuche sich der Dawaa Partei anzubiedern sind der beste Beweis. Sein Problem mit der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen ist die konsequente Antikriegshaltung im Irak und die Solidarität mit den unter Besatzung lebenden Palästinensern, aber dazu kommen wir später.

Thomas Schmidinger wirft dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Scheich Adnan Ibrahim, Carla Amina Baghajati, Mouddar Khouja, Omar Al Rawi und dem Autor dieser Zeilen vor Anhänger der Muslimbruderschaft zu sein. Diese Aussage ist unwahr und rufschädigend. Viel mehr ist die volle Unabhängigkeit dieser Personen von jeglichem Einfluss einer islamischen politischen Bewegung oder einer arabischen oder islamischen Regierung gerade das Markenzeichen einer erfolgreichen Arbeit unter dem Titel „Integration durch Partizipation“ in Österreich. Wer mich und meine Arbeit in Österreich kennt, weiß, dass ich innermuslimisch gerade für meine offene Kritik an politischen islamischen Bewegungen, allen voran die Muslimbruderschaft, bekannt bin. Dass wir hier Herrn Schmidinger eine Verschwörungsfantasie vorwerfen ist wirklich eher eine Untertreibung, steckt doch dahinter offensichtlich das Verlangen uns bewusst zu schaden.

Herr Schmidinger will jetzt mit den Antideutschen nichts mehr zu tun haben. Dass er in diesem Dunstkreis enge Kontakte pflegt, und mit diesen Leuten politisch verknüpft ist, kann jeder der halbwegs mit der linken Szene, dem Austrian Social Forum, NGOs des Antirassimus und freien Journalisten vertraut ist,  bestätigen. Auch seine Organisation Wadi und sein Chef Thomas von Osten Sacken, seine Vorstandskollegin Mary Kreutzer und sein Kollege in Deutschland Thomas Uwer sind klare Träger einer antideutschen Gesinnung. Von Osten Sacken tritt sehr oft mit den Antideutschen zusammen auf, ja auch mit der als rassistisch geltenden Organisation BAHAMAS in Deutschland.

Beleidigt zu spielen ist im politischen Diskurs die schlechteste Lösung. Schaut man den vom Thomas Schmidinger und der WADI Führung unterzeichneten Text der Philozionisten an, dann erkennt man zwar Ironie, aber auch Hass und Rassismus gegenüber den Palästinensern. Die Namen und Beiträge der anderen Unterzeichneten sind leicht im Internet zu finden und in besagte Strömung einzuordnen. Ein kleiner Auszug spricht für sich: „… Wir Philozionisten haben uns der Erinnerung verschrieben, wir meinen es zwar gut und simplifizieren doch. Ja, wir instrumentalisieren die Shoah. Wir sind unvernünftige Ignoranten und Feinde differenzierten aufklärerischen Denkens. Wir hegen Allmachtsphantasien und spielen Sharons Regierungssprecher. Mal sind wir verständnislos dann biedern wir uns wieder an einen Staat an, der Staatsterrorismus nationalistische Politik und Apartheid betreibt…“

Wenn Thomas Schmidinger und die Wadi Führung sich von diesem Text und der daraus sprechenden Geisteshaltung distanzieren, dann wären wir die ersten, die diesen Schritt begrüßen und anerkennen würden.

Nun ist besonders hinterlistig, dass Schmidinger uns vorwirft, dass wir ihn wegen seiner Haltung für eine Zweistaatenlösung  bei Veranstaltern „anpatzen“, um ihn als Vortragenden los zu bekommen. Bei einem Mittagessen mit Dr. Haitham Al-Mannaa, ein syrischer Oppositioneller und Menschenrechtler, der mit ihm ein als Moderator ein Podium bestreiten sollte, erörterten wir mit diesem die Einstellung Schmidingers zum Irakkrieg - offen im Kreise von Freunden s Herrn Schmidingers. Auch der Philizionistentext wurde erwähnt. Daraufhin lehnte Dr. Al Manna es ab, von Thomas Schmidinger moderiert zu werden. Wir haben wirklich wichtigeres zu tun, als uns mit Herrn Schmidinger zu beschäftigen. Sich jetzt als „Verfolgungsopfer“ hinzustellen heischt nur billig nach Mitleid. Aber bleiben wir doch beim Inhaltlichen, um zu zeigen, dass er keineswegs der arme verfolgte Held ist, der unter den bösen „Leugnern des Existenzrechts Israels“ leidet. Er sucht doch nur einen aufwühlenden Grund zu konstruieren, die seine aus der Luft gegriffenen Islamismusvorwürfe irgendwie greifbar machen soll. Dabei sind wir nachweislich immer für eine Zweistaatenlösung laut geltenden internationalen Rechts eingetreten.

Im Kampf gegen FGM sind wir auch international vernetzt aktiv. Wir setzen erfolgreich auf die Strategie Bewusstsein durch eine aus dem Islam entwickelte Argumentation zu schaffen, der Körperverletzung ablehnt und dagegen das Recht der Frau auf ein erfülltes Geschlechtsleben betont. Da FGM verbreitet als „islamisches Problem“ dargestellt und in diesem Diskurs mit Islamfeindlichkeit gespielt wird, rufen wir hier zu Differenzierung auf, da solche Rassismen nicht nur unethisch, sondern vor allem kontraproduktiv für das Anliegen FGM zu überwinden sind. Sollte sich bewahrheiten, dass FGM in den kurdischen Gebieten im Irak verbreitet ist (laut Schätzungen von WADI sind ca. 60% der Kurdinnen im Nordirak beschnitten), dann werden wir dies selbstverständlich auch thematisieren und zu bekämpfen suchen. Auf Anfrage hat uns aber bis heute keine seriöse kurdische oder internationale Quelle solche Verbreiterung von FGM in diesem Gebiet bestätigt. Auch die deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) bezweifelte damals in einer kurzen Stellungnahme die Professionalität der Studie von WADI . Denn die Formulierung "common in other Muslim countries..." war laut Meinung der GZT Vertreterin irreführend.

Diese grausame Unsitte gehört bekämpft egal wo sie stattfindet. Trotzdem ist zu bedenken, dass die Arbeit von WADI wohlwollend von rassistischen und islamfeindlichen Seiten aufgegriffen und verbreitet wird. Die Seite „Challenging Islam“ spricht für sich. Aufgeregt krampfhaft versuchten Thomas von der Osten Sacken und Thomas Uwer (WADI Führung in Deutschland) in ihrem letzten Beitrag zum Thema auf Englisch „Is Female Genital Mutilation an Islamic Problem?“ uns als FGM Verharmloser darzustellen. Über unsere ihnen bekannten Aktivitäten dagegen hüllen sie sich in Schweigen.

Das in der Schura Moschee gesammelte Geld (ein paar Tausend Euro) kam dem Projekt „Aladins Wunderlampe“ für krebskranke Kinder im Südirak zu Gute, einem Projekt, das von der österreichischen Ärztin Dr. Eva-Maria Hobiger (Trägerin des Silberne Ehrenzeichens der Ärztekammer für ihre humanitäre Arbeit in Bosnien und im Irak) betreut wird. Es ist unappetitlich, wie Thomas Schmidinger hier muslimische Spender verunglimpft, als ob sie jetzt Saddam oder andere Tyrannen mit ihren Geldern unterstützt hätten.

Abschließend ist festzuhalten, dass von Schmidinger bis dato kein einziger Kritikpunkt an der konkreten Arbeit der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen geäußert wurde. Dass ihn eine Mitgründerin unserer Initiative mit Informationen tatkräftig unterstützte, als er für eine Ausstellung recherchierte, verdrängt er? Mag sein, dass ihm unsere bloße Präsenz in den verschiedenen Plattformen und Medien ein Dorn im Auge ist. Als glühender Anhänger des Irakkriegs ließ er keine Gelegenheit aus, jeder Demonstration dagegen die moralische Berechtigung abzusprechen. Er wäre gut beraten seinen politischen Fehler zu analysieren. Während sogar Herr Bush höchstpersönlich von Fehlern spricht, ist es lächerlich, dass eine kleine österreichische NGO noch immer jubelnd von „Befreiung“ schwadroniert.

Jeder sollte vor seiner eigenen Tür kehren, vielleicht wäre dann ein Schritt in Richtung Anhebung des Niveaus politischer Streitkultur gelungen! Wenn die Argumente ausgehen, Träger unliebsamer Meinungen dadurch mundtot machen zu wollen, indem man ihre Integrität in Frage stellt, sollte gerade eines Mannes, der Politikwissenschaften unterrichten will, unwürdig sein.

Link zum Artikel in „Die Presse“: Plumpe Unwahrheiten
http://www.diepresse.at/Artikel.aspx?channel=m&ressort=g&id=614512

Tarafa Baghajati, Wien 23.01.2007
Mitgründer der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen , http://www.islaminitiative.at
baghajati [at] aon.at und
Vizepräsident von ENAR - European Network against Racism www.enar-eu.org/en/

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