Interview Amina Baghajati zu "Chancengleichheit"
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Zum europäischen Jahr der Chancengleichheit holte die Stadt Salzburg über ihre offizielle Internetseite die Meinung von VertreterInnen der Religionsgemeinschaften ein. Hier das Interview mit Carla Amina Baghajati
Haben Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit in Salzburg tatsächlich die gleichen Rechte? Wo besteht Handlungsbedarf?
Rechtlich gesehen können sich Muslime in Österreich schon seit langem über ihren Status der Anerkennung freuen, der noch in Zeiten der Monarchie, als Bosnien mit ca. 600.000 Muslimen Teil des Reiches war, im Islamgesetz von 1912 verankert wurde. Wir genießen also das Recht auf freie und öffentliche Religionsausübung, das Recht auf Betreibung religiöser Einrichtungen und auch innere Autonomie, so dass die Auslegung des Islam den Muslimen obliegt, ohne dass sich der Staat in die Interpretation der Religion einmischt. Freilich müssen wir uns vor Augen halten, dass diese rechtliche Anerkennung noch lange nicht breite gesellschaftliche Akzeptanz bedeutet - auch wenn damit eine ausgezeichnete Basis für den konstruktiven und sachlichen Dialog gegeben ist.
Und da liegt die Herausforderung - wir sind mitten drin im Integrationsthema. Gesetze bieten mehr als nur einen Rahmen für das Handeln. Sie vermitteln auch Orientierung im Sinne, was einen gesellschaftlichen Konsens darstellen sollte. So ist die Umsetzung des Antidiskriminierungsgesetzes auf Landesebene in Salzburg im Jahre 2006, gerade noch rechtzeitig vor dem heurigen "Jahr für Chancengleichheit", auch ein wichtiges Signal.
Rechtlich gesehen können sich Muslime in Österreich schon seit langem über ihren Status der Anerkennung freuen, der noch in Zeiten der Monarchie, als Bosnien mit ca. 600.000 Muslimen Teil des Reiches war, im Islamgesetz von 1912 verankert wurde. Wir genießen also das Recht auf freie und öffentliche Religionsausübung, das Recht auf Betreibung religiöser Einrichtungen und auch innere Autonomie, so dass die Auslegung des Islam den Muslimen obliegt, ohne dass sich der Staat in die Interpretation der Religion einmischt. Freilich müssen wir uns vor Augen halten, dass diese rechtliche Anerkennung noch lange nicht breite gesellschaftliche Akzeptanz bedeutet - auch wenn damit eine ausgezeichnete Basis für den konstruktiven und sachlichen Dialog gegeben ist.Und da liegt die Herausforderung - wir sind mitten drin im Integrationsthema. Gesetze bieten mehr als nur einen Rahmen für das Handeln. Sie vermitteln auch Orientierung im Sinne, was einen gesellschaftlichen Konsens darstellen sollte. So ist die Umsetzung des Antidiskriminierungsgesetzes auf Landesebene in Salzburg im Jahre 2006, gerade noch rechtzeitig vor dem heurigen "Jahr für Chancengleichheit", auch ein wichtiges Signal.
Können sich Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit gleichermaßen am öffentlichen Leben beteiligen? Gibt es Einschränkungen?
Muslime sehen sich - vor allem nach dem 11. September 2001 - oft in einer Art Rechtfertigungseck und fühlen sich damit aufgerufen, selbst dafür einzutreten, Vorurteile und Klischees durch ihr Auftreten abzubauen. Das eigentlich erfolgreiche Motto "Integration durch Partizipation" stößt immer dort an Grenzen, wo diffuse Vorbehalte der Mehrheitsgesellschaft Zugänge erschweren - etwa am Arbeitsmarkt, wo es Frauen mit Kopftuch schwer haben. Jetzt darf ein Arbeitgeber zwar nach dem Gesetz nicht "religiös diskriminieren". Würde er eine Frau mit dem Satz: "Mit Ihrem Kopftuch sind Sie für uns untragbar." wegschicken, wäre dies klagbar. Aber in der Realität ist dann die Stelle halt einfach "schon vergeben". Muslime erkennen auch zunehmend, wie problematisch der Gerichtsweg sein kann, wenn statt des Opfers einer Diskriminierung der "Täter" die Solidarität der Öffentlichkeit genießt. Zusätzlich zum Gesetz, dessen Inhalt hoffentlich nach und nach wirklich verinnerlicht wird, brauchen wir also weiterhin einen gesellschaftlichen Diskurs, ein Reden miteinander, das nach und nach klar macht, dass eine Frau mit Kopftuch eben nicht dumm, unterdrückt und unmündig, dabei womöglich gleichzeitig "politisch gefährlich" ist. Dass mit dem Kopftuch auch kein Angriff auf "westliche Werte" verbunden ist, sondern schlicht ein Leben des persönlichen Glaubens. Eines Glaubens, der ja im Einklang mit Werten wie Demokratie, Pluralismus, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit steht.
Muslime sehen sich - vor allem nach dem 11. September 2001 - oft in einer Art Rechtfertigungseck und fühlen sich damit aufgerufen, selbst dafür einzutreten, Vorurteile und Klischees durch ihr Auftreten abzubauen. Das eigentlich erfolgreiche Motto "Integration durch Partizipation" stößt immer dort an Grenzen, wo diffuse Vorbehalte der Mehrheitsgesellschaft Zugänge erschweren - etwa am Arbeitsmarkt, wo es Frauen mit Kopftuch schwer haben. Jetzt darf ein Arbeitgeber zwar nach dem Gesetz nicht "religiös diskriminieren". Würde er eine Frau mit dem Satz: "Mit Ihrem Kopftuch sind Sie für uns untragbar." wegschicken, wäre dies klagbar. Aber in der Realität ist dann die Stelle halt einfach "schon vergeben". Muslime erkennen auch zunehmend, wie problematisch der Gerichtsweg sein kann, wenn statt des Opfers einer Diskriminierung der "Täter" die Solidarität der Öffentlichkeit genießt. Zusätzlich zum Gesetz, dessen Inhalt hoffentlich nach und nach wirklich verinnerlicht wird, brauchen wir also weiterhin einen gesellschaftlichen Diskurs, ein Reden miteinander, das nach und nach klar macht, dass eine Frau mit Kopftuch eben nicht dumm, unterdrückt und unmündig, dabei womöglich gleichzeitig "politisch gefährlich" ist. Dass mit dem Kopftuch auch kein Angriff auf "westliche Werte" verbunden ist, sondern schlicht ein Leben des persönlichen Glaubens. Eines Glaubens, der ja im Einklang mit Werten wie Demokratie, Pluralismus, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit steht.
Finden Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit die gleiche Anerkennung? Wird Vielfalt ausreichend gewürdigt und berücksichtigt?
Wir würden uns etwas vormachen, wollten wir annehmen mit dem Image des Islam sei es zum Besten bestellt. Reale menschliche Probleme, oft mit Wurzeln im sozialen Hintergrund, werden bei Muslimen vielfach vereinfachend auf "die Religion" geschoben und damit die Lösung einseitig auf "die anderen" übertragen, die sich "gefälligst anpassen sollen". Integration ist aber keine Einbahnstraße.
Ein Beispiel: Wenn Migrantenkinder nachgewiesen Schwierigkeiten haben, eine positive Schulkarriere zu absolvieren, kommt schnell der Vorwurf: "Selber schuld, weil bei denen Bildung nichts zählt. Die Muslime sind doch schon zufrieden, wenn die Kinder den Koran auswendig können!" Dass im Gegenteil der Islam das lebenslängliche Lernen geradezu vorschreibt, damit wir Menschen unsere intellektuellen Fähigkeiten auch nutzen, ist wie so vieles Wissen zu eigentlichen religiösen islamischen Inhalten unbekannt. Dabei wäre dies zum einen ein positiver Ansatz, den Wert von Bildung ins Bewusstsein zu bringen. Andererseits braucht es funktionierende Konzepte, die Chancengleichheit an der Schule fördern. Ausdrücklich für alle - denn die unterschiedliche Herkunft ist nachgewiesen ein allgemeines Problem, wenn man berücksichtigt, dass die so genannten "Arbeiterkinder" nach wie vor nur schwer den Sprung in die höhere soziale Schicht schaffen. Frühe Sprachförderung gehört ebenso dazu wie moderne entstaubte Inhalte, die Kompetenzen fördern, die heute gebraucht werden. Die Schule leistet dank engagierter PädagogInnen hier schon viel - vor allem wenn sie Vielfalt nicht zu einem "Problem", sondern zu einer echten Bereicherung macht. Darum liegt hier auch ein Schlüssel für die Zukunft.
Wird den Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit gleichermaßen Achtung zuteil? Was wäre nötig, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern?
"Alle sind gleich - aber wir sind gleicher". Wie in der berühmten Parabel aus "Die Farm der Tiere" liegt die größte Herausforderung nach wie vor darin, den prinzipiell voll bejahten Grundsatz des Rechts auf gleiche und faire Behandlung in die Praxis umzulegen. Das größte Hindernis liegt dann vor, wenn einer Gruppe mehr oder weniger die moralische Berechtigung abgesprochen wird, dieses Recht zu genießen. Gepaart mit der Urangst, dass "die anderen" "uns" etwas wegnehmen wollen, ergibt sich eine für ein friedliches respektvolles Miteinander ungute Mischung.
Damit müssen wir uns als Muslime ehrlich auseinandersetzen. Da geistert immer wieder das Wort von der "Reziprozität" im Raum herum. Also Sätze wie: "Warum sollen wir nett zu den Muslimen sein, wo doch "bei denen ...". Abgesehen davon, dass wir nach der Regel "Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten" mit dem Problem einer eingeschränkten Wahrnehmung kämpfen, die oft einseitig nur das zu Kritisierende sieht, wäre es doch für eine aufgeklärte Gesellschaft ein Armutszeugnis, wollte sie die eigenen Werte durch eine Art "Sippenhaftung" verraten.
Wir müssen die Bereitschaft fördern, ehrlich und offen aufeinander zuzugehen. Missverständnisse wie eine Verwechslung von islamischer Religion mit dieser mitunter geradezu direkt entgegen gesetzten "schädlichen Traditionen" (wie Ehrenmord oder Zwangsheirat) lassen sich so abbauen und das Verbindende in den Vordergrund stellen.
Als Muslime sollen wir durch unser Verhalten aufzeigen, dass eine solidarische Haltung Teil unserer Religion und unserer Kultur ist. In diesem Jahr der Chancengleichheit wäre es doppelt wünschenswert, dass sich Muslime sichtbar nicht nur für die eigenen Anliegen als Minderheit einsetzen, sondern aktiv dazu beitragen, einem schönen Wahlspruch Substanz zu verleihen.p> Dass sich auf dem Wege des interreligiösen Dialogs hier in den letzten Jahren schon einiges in Bewegung gesetzt hat, gibt Hoffnung.