Gedanken zum Fastenmonat Ramadan: Lesen und Hören
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Gedanken für den Tag
10. 09. 2007, 6.57 Uhr - 7.00 Uhr
im Programm Österreich 1
"Zum Beginn des Fastenmonats Ramadan"
von Tarafa Baghajati, Mitbegründerder Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen und Vizepräsident des Europäischen Netzwerkes gegen Rassismus
“Oh ihr, die ihr glaubt! Das Fasten ist euch vorgeschrieben, wie es den Menschen vor euch vorgeschrieben war; Vielleicht werdet ihr gottesfürchtig!“ (Koran 2:183)
Mit diesem Vers wurde die vierte Säule des islamischen Glaubens verkündet. Dabei faszinieren mich zwei Aspekte an diesem kurzen Vers: Zuerst wie direkt auf frühere Religionen Bezug genommen wird, mehr noch diese Anerkennung finden und zweitens die Definition von Sinn und Zweck des Fastens als Erreichen der „Taqwa“. Diese Taqwa wird in fast allen Koranübersetzungen als Gottesfurcht wiedergegeben, was zu verkürzt ist.
Taqwa ist auch Streben nach Gerechtigkeit. Und gerade im Fasten sind das Verinnerlichen des Wertes von sozialer Gerechtigkeit neben der Selbstbeherrschung die wesentlichen Aspekte. Soziale Gerechtigkeit nicht nur im Sinne der für alle zu ermöglichenden Befriedigung unmittelbarer Bedürfnisse – Essen und Trinken - sondern im Sinne einer gleich berechtigten Teilhabe und Chancengleichheit im gesellschaftlichen Leben.
Ich werde öfters gefragt: Was kann man Musliminnen und Muslimen zum Ramadanbeginn wünschen? „Alles Gute“, „Schönes Fasten“, „Gesegnete Zeit“ sind Wünsche, die Ihre muslimischen Bekannten, Nachbarn und Freunde sicherlich freuen würden! Eine Ramadanbegegnung zu einem gemeinsamen Iftar, einem „Fastenbrechenessen“, könnte im Sinne eines schönen Miteinanders unvergesslich bleiben.
Gedanken für den Tag
11. 09. 2007, 6.57 Uhr - 7.00 Uhr
im Programm Österreich 1
"Zum Beginn des Fastenmonats Ramadan"
von Tarafa Baghajati, Mitbegründerder Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen und Vizepräsident des Europäischen Netzwerkes gegen Rassismus
„… Wer von euch im Ramadan zugegen ist, soll während seines Verlaufs fasten. Wer jedoch krank oder auf einer Reise ist, der faste andere Tage. Allah wünscht es euch leicht, und nicht schwer zu machen …“
(Koran 2:185)
Dieses Prinzip der Erleichterung ist ein Schlüssel, das Wesen des Islam zu erkennen. Im Koran wird es an verschiedener Stelle zehn Mal betont. Je verkrampfter die Diskussion um den Islam, desto mehr scheint es in Vergessenheit zu geraten. Dabei wäre gerade in der Debatte um Extremismus und Gewalt dieses sich Beziehen auf einen Gott, der dem Menschen nicht mehr abverlangt, als es dem Menschsein entspricht, wichtig. Leichtigkeit und Menschlichkeit gehen Hand in Hand und bieten Fanatismus keinen Raum.
Im Zeichen des 11. September an welchem tausende Unschuldige ihr Leben lassen mussten, und danach erfolgten so genannten Krieg gegen den Terror mit dazu gehörigem unbeschreiblichen Leid von Millionen von Menschen vor allem im Irak ist eine spirituelle Rückbesinnung im Sinne eines gemäßigten Weges notwendig. Auch jene überwältigende Mehrheit der Muslime, die friedliebend unter einem verzerrten Image ihrer Religion leidet, kann in der Besinnung auf ein stärkendes: „Gott will es dem Menschen leicht machen“ Kraft und Anregung finden. Die Leichtigkeit zu suchen ist ja nicht mit Beliebigkeit zu verwechseln, noch mit gedankenlosem Mitläufertum. Vielmehr ist Differenzierung gefragt. Eine Herausforderung, bei der Simplifizierung und schwarz-weiß Malerei nichts verloren haben, das Streben nach dem ebenfalls koranischen Prinzip eines „Weges der Mitte“ aber Orientierung bietet.
Gedanken für den Tag
12. 09. 2007, 6.57 Uhr - 7.00 Uhr
im Programm Österreich 1
"Zum Beginn des Fastenmonats Ramadan"
von Tarafa Baghajati, Mitbegründerder Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen und Vizepräsident des Europäischen Netzwerkes gegen Rassismus
„… und wenn dich meine Diener nach mir fragen, so bin ich nahe. Ich antworte dem Ruf des Rufenden, sobald er mich ruft …“ (Koran 2:186)
Selbst wenn wir die Erfahrung machen, Gott - „Allah“ mit unseren Sinnen nicht begreifen zu können, so bleibt er nah. Die Gottessuche im Gebet ist viel weniger an einen formalen Ablauf gebunden, als vielmehr an die Tiefe des Vorgebrachten. ER hört die Gedanken und unterstützt die Hilfesuchenden. Der Prophet Muhammad, Friede sei mit ihm, sagte: „Zwischen dem Ruf des Unterdrückten und Gott gibt es keinen trennenden Schleier.“
Das Leben mit Gott mag im turbulenten Alltag kaum möglich erscheinen. Zu begreifen, dass Gott, der Allgegenwärtige, doch anwesend ist, erfordert eine spirituelle Bindung. Diese Bindung ist aber nicht nur den theologisch geschulten vorbehalten. Das Gefühl des Vertrauens und der Geborgenheit und nicht der Gehalt des theoretischen Wissens spielt hier eine bedeutende Rolle. Und wie kann ich es begreifen, ob ich Gott fühle und lebe? Die islamische Mystik und Spiritualität versucht hier eine Antwort zu geben: Es geht nicht darum Gott theoretisch zu suchen, sondern ihn mit eigener Erfahrung, geistlich wie körperlich zu erleben. Dies braucht nicht unbedingt einen mystischen Trancezustand, sondern ein möglichst kontinuierliches Gefühl der unendlichen Liebe und Barmherzigkeit Gottes. Lassen wir Maulana Dschelaladdin RUMI die Gedanken für den Tag schließen:
Die Feder eilt im Schreiben, kaum zu halten
Kommt sie zur Liebe, muss sie gleich zerspalten.
Wie ich die Liebe auch erklären will -
Komm ich zur Liebe, schweig' ich schamvoll still.
Erklärung mag erleuchten noch so sehr,
Doch Liebe ohne Zungen leuchtet mehr!
Maulana Dschelaladdin RUMI (1207-1273)