Nur ein Hauch von Leben
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Enquete im Alten Rathaus in St. Pölten am 1.6.2005: Das traurige Ereignis der Geburt eines toten Kindes
DIE Sicht des ISLAM
Islamisches Menschenbild
Grundlage: Koran und „Sunna“ (Überlieferung der Aussagen und Verhaltensweisen des Propheten Muhammad).
Mensch hat den höchsten Rang unter den Geschöpfen = Statthalter Gottes auf Erden (khalifa), aber auch Diener (’abd).
Persönliches Verhältnis zu Gott – persönliche Verantwortung (keine „Erbsünde“), keine vermittelnden Instanzen (keine Priester, keine Hierarchie). Auch Prophet Muhammad kein Erlöser oder Vermittler sondern nur Überbringer der göttlichen Botschaft
Krankheits- und Leidesverständnis von Muslimen
Körper und Gesundheit = Leihgabe (amana), anvertrautes Gut. Verantwortung des Menschen: Maßnahmen zur Gesunderhaltung bzw. zum Gesundwerden zu treffen, Heilung kommt von Gott.
Erdenleben ist eine von mehreren Stufen des Seins:
Ort der Prüfungen und der Bewährung. Viele Aspekte, Krankheit zu deuten:
- eine von vielfältigen Prüfungsformen
- Geduldprobe – (nichts ist umsonst, alles kompensiert; Barmherzigkeit Gottes)
- Sündenvergebung, Reinigung, Entwicklung
- Mahnung, Erinnerung (an den Tod und Gott)
- Gegensätze machen Wert erkennbar (Finsternis-Licht, Wärme-Kälte, Gesundheit-...)
- Vertiefung des Verhältnisses Mensch – Gott
- Besonderer spiritueller Rang bei Tod durch bestimmte Krankheiten oder Vorfälle z.B. Krankheiten im Bauch, Ertrinken, Tod im Wochenbett) – „Glaubenszeugen“
Fazit: Krankheit wird wie Gesundheit als Gnade verstanden und nicht als Strafe oder Ausdruck göttlichen Zorns gedeutet.
Zugang zum Thema Tod - Grundsätzliches
Nicht Vernichtung, Auflösung des Seins, sondern Übergang in einen anderen Seinszustand. Wesentliche Existenz: Jenseits, da von Dauer. Reise der Seele durch verschiedene Stadien des Seins. Tod also Notwendigkeit, Entlassung aus Pflichten und Beschwernissen des Diesseits. Islamische Trauerzeit ist sehr kurz (3 Tage), jedoch regional verschiedene (nichtislamische) Sitten
Sterbebegleitung: Im Allgemeinen durch Angehörige, in der Migration gewinnt „Seelsorge“ an Stellenwert. Gründung des Islamischen Besuchs- und Sozialdienstes in Wien 2001.
Dem Sterbenden (möglichst mit dem Gesicht Richtung Mekka/südost zugewendet) wird das islamische Glaubensbekenntnis zugeflüstert und Koran vorgelesen. Nach dem Tod werden Augen geschlossen, Kiefer hochgebunden, Gelenke leicht gebogen. Leichnam sollte stets mit Tuch bedeckt sein (auch in Prosektur). Nach ritueller Waschung und Einkleidung in weiße Tücher durch gleichgeschlechtliche Muslime erfolgt Bestattung und Totengebet, gegebenenfalls Überstellung in Herkunftsland (manchmal Sterbeversicherungen).
Besonderheiten im Falle des frühkindlichen Todes bzw. der Fehl- oder Totgeburt
Kindersegen für MuslimInnen wichtig, Mutterschaft hat traditionell hohen gesellschaftlichen Stellenwert. Kinder sind nicht Eigentum der Eltern; jedenfalls aber unschuldig und kommen ins Paradies. Sie können für die Eltern intervenieren und es gibt ein Wiedersehen. Der Glaube an die Vorherbestimmung (nicht zu verwechseln mit Fatalismus) und an die Unabänderlichkeit der Lebensspanne gibt Trost.
Wichtig zu Aufarbeitung für die Eltern: Begräbnis nach islamischem Ritus, jedenfalls Erdbestattung. Kremierung oder Entsorgung mit menschlichen Abfällen ist große Belastung für die Eltern.
Regelung in Wien: Embryos über 500 g – eigenes Gräberfeld am Wr. Zentralfriedhof (35B). Unter 500 g – Kremierung und 4 x im Jahr Bestattung in Sammelsarg mit Zeremonie. Für MuslimInnen nicht wirklich zufriedenstellende Lösung: Status des Embryos hängt nicht von Geburtsgewicht sondern von Alter der Schwangerschaft ab (Beseelung). Spätestens am 120. Tag (verschiedene Rechtmeinungen) ist Embryo Persönlichkeit und bekommt normales Begräbnis. Häufig Überführung in Herkunftsländer, da kostengünstiger.
In NÖ meist Überführung, auch Begräbnis auf christlichem Friedhof möglich, Einhaltung gewisser Voraussetzungen für islamisches Begräbnis wünschenswert. Begräbnis in Wien für Mütter mit Wohnsitz in anderem Bundesland kosten ca. das Doppelte.
Ein paar Tipps
- keine Taufe bzw. Nottaufe (keine Erbsünde, kein Eintritt in die Religion)
- Hände geben, Augenkontakt zwischen verschiedenen Geschlechtern - bei manchen MuslimInnen nicht üblich, gilt auch für andere Berührungen – bitte nicht als persönliche Zurückweisung werten!
- Besucherzahlen: Krankenbesuch ist religiöse und moralische Verpflichtung, aber auch Höflichkeit und Rücksichtnahme sind religiöse Gebot
- Nicht alle Probleme können dem Islam als Religion angelastet werden: vielfach Bildungs-, Schicht- und Sozialprobleme; regionale Traditionen
- Projektionen: Bei Kontakt mit dem Fremden neigt der Mensch dazu, eigene Gedanken und Vorstellung zu projizieren – kann zu Missverständnissen führen