„Wir betreiben keine Islamisierung!“

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„Wir betreiben keine Islamisierung!“

Die Initiative Muslimischer ÖsterreicherInnen IMÖ entstand 1999 als Reaktion auf den fremdenfeindlichen Wahlkampf der FPÖ. Wir wollten uns als Muslime Österreichs aus dem Diskurs nicht ausklinken. Am Herzen lag uns, die Partizipation der Muslime zu fördern, um so zur Integration beizutragen. Ein loser Haufen von nichtorganisierten intellektuellen Muslimen bildete dieses Netzwerk, das sich im Lauf der Jahre vieler Projekte annahm. Die Vereinsgründung geschah erst 2008. So gesehen waren wir hochpolitisch im Sinn des gesellschaftspolitischen Diskurses. Aber sicher kein „politischer Islam“ (der lt. Definition Schmidingers die Islamisierung der Gesellschaft anstrebt).

Weder Politik islamisieren …

Wir wollten Brückenbauer sein, mit Nichtmuslimen arbeiten und uns vernetzen. Gemeinsame Projekte begannen, mit „SOS Mitmensch“ oder der Initiative „Land der Menschen“. Durch gemeinsame Erfahrungen und Projekte wie die „Tage der offenen Tür“ in Wiener Moscheen, aber auch durch die Mobilisierung für Demos gegen Rassismus begann die Vernetzung mit muslimischen Vereinen.

Plötzlich vergrößerte sich der Aktionsradius. Humanitäre Projekte waren ein Teil der Arbeit (Kochen für Obdachlose, Spendensammeln für die Hochwasseropfer) wie auch die Übernahme der Verantwortung für die Krankenhausseelsorge, Empowerment für Frauen oder der Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung.

Innerislamisch avancierten wir – bedingt durch die mediale Präsenz, aber auch die unabhängige und ausschließlich in deutscher Sprache agierende Gruppe, die nicht als ein in politischer oder auch religiöser Richtung punzierter Verein auftrat – zu einer Art Sprachrohr. Somit wurde von uns erwartet, zu allem und jedem Stellung zu beziehen. Durch diese Aktivitäten bekamen wir auch offizielle Funktionen in der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ). Über die IMÖ wurden zum ersten Mal Frauen in den Obersten Rat der IGGiÖ gewählt. Das offizielle Gesicht der IGGiÖ ist mit Amina Baghajati eine Frau. Es gab zum ersten Mal ein Frauenreferat, Menschenrechts- und Integrationsbeauftragte. Es war unserer Initiative zu verdanken, dass die vielbeachteten Imamekonferenzen stattgefunden haben, bei denen klar das Bekenntnis zu Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Menschenrechten und Pluralismus im Zentrum steht, Wege der Integration besprochen wurden und eine Absage an Terror und Gewalt erfolgte: Darauf sind wir stolz.

Der Versuch, uns als eine Gruppe, die Islamisierung der Politik und der Gesellschaft betreibt, zu bezeichnen, ist wirklich nicht nachvollziehbar. Wir wollen weder die Politik islamisieren noch den Islam politisieren.Al-Turabi

… noch Islam politisieren

Hassan Al-Turabi, ein Reformer der Muslimbruderschaft, fordert die Wiederbelebung des Idschtihad, der zeitgemäßen Interpretation des Koran. Auch Tarafa Baghajati tritt dafür ein. Aber die Behauptung, die „Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen“, der Baghajati angehört, sei ein Teil der Muslimbruderschaft, ist ungefähr so viel wert wie die Feststellung, dass Juden und Muslime der gleichen Religion angehören, weil beide kein Schweinefleisch essen und ihre Tiere schächten.

Ich halte viel von Max Webers „Postulat der Zurückhaltung persönlicher Überzeugungen im Rahmen der wissenschaftlichen Arbeit“. Dies ist Thomas Schmidinger in dem von ihm mitherausgegebenen Buch „Gottesstaat und Demokratie“ nicht gelungen.

Der Autor ist Integrationsbeauftragter der Islam. Glaubensgemeinschaft u. SP-Abgeordneter in Wien.

 

 

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