Christenverfolgung im Irak: Massenauswanderung ist keine Lösung

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Sunday, 28 December, 2008
Christenverfolgung im Irak: Massenauswanderung ist keine Lösung

Der Asyl-Streit zwischen Kardinal und Innenministerium aus muslimischer Sicht - Ein Kommentar der anderen von TARAFA BAGHAJATI

Die Debatte um die christlichen Flüchtlinge aus dem Irak ließ vor mir die Bilder von bosnischen Flüchtlingen bei der Rückkehr in ihre Heimatstädte wiedererstehen. Es gehört zu meinen schönsten Erinnerungen, durch meine damalige Tätigkeit in einem Evaluierungsteam des Bundeskanzleramtes miterlebt zu haben, wie jene Vertriebenen voll Freude in durch österreichische Hilfe renovierte oder neuerrichtete Häuser einziehen konnten. 

Nun diskutieren wir über die Aufnahme christlicher irakischer Flüchtlinge in Österreich und der EU. Wie problematisch die Selektierung von Flüchtlingen nach Religionszugehörigkeit ist, hat der Standard angesichts der diesbezüglichen Differenzen zwischen Kardinal Schönborn und Innenministerin Fekter in der Weihnachtsausgabe profund analysiert. Keine Frage: Ein Bekenntnis zur Aufnahme von Flüchtlingen bleibt auch in schwierigen Zeiten ein Gebot der Stunde. Ein Aspekt allerdings darf in der aktuellen Debatte nicht vernachlässigt werden: So verständlich die Forderung nach zügiger Asyl-Gewährung für diese Flüchtlinge erscheinen mag, so problematisch kann sich diese Art der Solidarität mit christlichen Glaubensgeschwistern auf deren Präsenz in der Region auswirken.

Erfahrungen der Vergangenheit zeigen: Überall wo eine Bevorzugung der christlichen Migration und Auswanderung stattfand, zum Beispiel aus Syrien, Ägypten oder Palästina, wurde damit ein Stück christliche Identität in dieser Region aufgegeben und zum Teil sogar gelöscht. Gewiss wird hier sogleich der Vorwurf laut werden, dass die Auswanderung aufgrund von Repressalien erfolgte. So richtig dies ist, so wenig darf man gleichzeitig außer Acht lassen, dass auch die Mehrheitsbevölkerung leidet - Intellektuelle und Oppositionelle an erster Stelle. Aktive Unterstützung aus Europa zur Auswanderung hat es für diese große Gruppe aber meines Wissens nie gegeben.

Erfahrungen der Vergangenheit zeigen: Überall wo eine Bevorzugung der christlichen Migration und Auswanderung stattfand, zum Beispiel aus Syrien, Ägypten oder Palästina, wurde damit ein Stück christliche Identität in dieser Region aufgegeben und zum Teil sogar gelöscht. Gewiss wird hier sogleich der Vorwurf laut werden, dass die Auswanderung aufgrund von Repressalien erfolgte. So richtig dies ist, so wenig darf man gleichzeitig außer Acht lassen, dass auch die Mehrheitsbevölkerung leidet - Intellektuelle und Oppositionelle an erster Stelle. Aktive Unterstützung aus Europa zur Auswanderung hat es für diese große Gruppe aber meines Wissens nie gegeben.

Natürlich sei jedem Flüchtling gegönnt, sich ein besseres Leben aufbauen zu können. Gesellschaftspolitisch und demografisch aber sind Massenauswanderungen auch im Hinblick auf andere Aspekte langfristig kein Allheilmittel. Hilfe für die christlichen Iraker sollte in erster Linie humanitär und zwar direkt vor Ort erfolgen. In den Nachbarländern, aber auch im Irak selbst halten sich hunderttausende Flüchtlinge auf. Allein in Syrien sind ca. zwei Millionen Iraker gestrandet. Dass es nicht um einen religiösen Konflikt geht, zeigt nicht zuletzt, wie hier christliche und muslimische Flüchtlinge friedlich, wie einst in der Heimat, Tür an Tür wohnen.

Neben der humanitären wäre aber auch politische Unterstützung nötig, die dafür sorgen sollte, dass die Flüchtlinge umgehend in ihre Städte und Häuser zurückkehren und die zerstörten Kirchen wieder aufgebaut werden können. Nicht nur um deren Funktionstüchtigkeit zu garantieren, sondern auch um ein Zeichen des Selbstbewusstseins und der Selbstverständlichkeit christlicher Präsenz im Irak zu setzen. Die örtlichen christlichen Schulen müssen wieder eröffnet und geschützt werden. Nichts und niemand darf die öffentliche Ausübung von Religion beeinträchtigen.

Neben der humanitären wäre aber auch politische Unterstützung nötig, die dafür sorgen sollte, dass die Flüchtlinge umgehend in ihre Städte und Häuser zurückkehren und die zerstörten Kirchen wieder aufgebaut werden können. Nicht nur um deren Funktionstüchtigkeit zu garantieren, sondern auch um ein Zeichen des Selbstbewusstseins und der Selbstverständlichkeit christlicher Präsenz im Irak zu setzen. Die örtlichen christlichen Schulen müssen wieder eröffnet und geschützt werden. Nichts und niemand darf die öffentliche Ausübung von Religion beeinträchtigen.

Schlussendlich sollte man aber auch mehr Augenmerk auf das zweifelhafte Treiben evangelikaler, vor allem aus den USA stammender Kräfte legen und deren Versuche der Missionierung in Zusammenarbeit mit den "Neocons" nicht auch noch aktiv fördern. Prediger aus dieser Ecke haben es weniger - da kaum aussichtsreich - darauf abgesehen, Muslime zu missionieren, als vielmehr christlichen Orientalen die "Wahrheit" zu verkünden. Und diese Aktivitäten bereiten den eingesessenen Kirchen mehr Kopfzerbrechen als viele andere Schwierigkeiten. Denn die US-Missionare werden von der Bevölkerung als Teil der Besatzung gesehen, aufgrund ihrer aggressiven Selbstpräsentation als die einzig "wahren Christen" im herrschenden Chaos von extremistischen Gruppen mit dem Christentum an sich gleichgesetzt und der Kollaboration bezichtigt. Diese pauschale Simplifizierung wiederum soll Angriffe auf die Christen "rechtfertigen".

Europa ist aufgerufen, sich der Thematik in ihrer ganzen Komplexität anzunehmen. In arabischen Staaten, die gemeinhin als "Entwicklungsländer" gelten, laufen für die dorthin geflüchteten Iraker offizielle Unterstützungsprogramme, während die lokale Bevölkerung zusätzlich, trotz eigener Bedürftigkeit, auf zivilgesellschaftlicher Basis Hilfe leistet. Wer redet in Europa darüber, welche Integrationsleistung das für finanzschwache und vergleichsweise arme Länder bedeutet?

Fazit: Europa wäre gut beraten, sich für die Christen im Irak und für die Iraker überhaupt politisch einzusetzen, es darf sich nicht mit der Aufnahme von ein paar tausend Flüchtlingen aus der Verantwortung stehlen.
 
Weitere Informationen www.islaminitiative.at
Der Autor ist Mitgründer der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen

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