Wahlumfrage Nationalratswahlen 2017: Antworten der Spitzenkandidatinnen

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Anlässlich der Nationalratswahl am 15. Oktober 2017 versandte die IMÖ an alle Spitzenkandidaten der im Parlament vertretenen Parteien zehn Fragen zum Thema Islam und Muslime in Österreich. Hier präsentieren wir die Antworten, genauso wie sie an uns übermittelt wurden.

SPÖ – Christian Kern

1. Gehört der Islam für Sie zu Österreich?

Selbstverständlich gehört der Islam zu Österreich. Menschen islamischen Glaubens sind genauso Teil unserer Gesellschaft wie alle anderen Menschen, die in Österreich leben. Die Frage der Identifikation mit dem Staat Österreich ist für mich keine Frage der religiösen Zugehörigkeit.

2. Was verbinden Sie persönlich mit dem Stichwort Islam?

Der Islam gehört zu den großen Weltreligionen. Ich stehe allen Religionen mit Achtung und Respekt gegenüber.

3. Sehen Sie Musliminnen und Muslime als relevante Wählergruppe? Wie gehen Sie auf diese zu?

Mein Ansatz als Bundeskanzler ist es, Politik für alle Menschen dieses Landes – egal welcher Herkunft oder Religion - zu machen.

4. In Österreich ist das Verhältnis zwischen dem Staat und den gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften von einem säkularen Kooperationsmodell bestimmt, das lange national und international als vorbildhaft verstanden wurde. Von besonderer Bedeutung ist dabei der Religionsunterricht an öffentlichen Schulen und die Einbindung der Religionsgemeinschaften in das öffentliche und staatliche Leben. Wie bewerten Sie dieses Modell und welche Rolle spielt Religion – auch in Zukunft – für Sie in der Gesellschaft?

Die Trennung von Staat und Religion gehört in Österreich zum Grundverständnis des Staates. Zugleich ist die Arbeit der Religionsgemeinschaften in der Gesellschaft zu würdigen. Neben ihrer seelsorgerischen Aufgaben werden vielfältige Leistungen im Bildungs-, Sozial-, Kultur- und Gesundheitswesen durch die Religionsgemeinschaften wahrgenommen. Nicht zuletzt nehmen die Kirchen- und Religionsgemeinschaften eine prominente Stelle in der Entwicklungsarbeit und in der Flüchtlingsbetreuung ein und leisten durch ihre vielfältigen Tätigkeiten einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Insofern besteht ein partnerschaftliches Verhältnis zu den Religionen, mit entsprechenden Rechten und Pflichten.

5. Welche Werte würden Sie als gemeinsame Werte des Islams und der historisch vom Christentum geprägten österreichischen Mehrheitsgesellschaft bezeichnen?

Im Zentrum der großen Weltreligionen stehen die Würde der Menschen, die Sorge für soziale Gerechtigkeit, das Eintreten für die Schwachen in der Gesellschaft, das friedvolle Zusammenleben in der Gesellschaft und die Solidarität. In diesen Punkten sehe ich Gemeinsamkeiten zwischen dem Islam und den Christentum – und darüber hinaus auch mit den Werten der Sozialdemokratie.

6. Mit dem Islamgesetz 2015 wurde ein Rahmen für die Institutionalisierung und Professionalisierung der islamischen Seelsorge in Krankenanstalten und Gefängnissen geschaffen. Diese Aufgabe wurde bisher ehrenamtlich erledigt. Aus der Erfahrung aller Religionsgemeinschaften wissen wir um die große Bedeutung von professioneller und verlässlicher Seelsorge in diesen Bereichen. Wie stehen Sie dazu, dass es gerade für die Personalkosten auch staatliche Unterstützung geben soll?

Mit dem Islamgesetz wurde, wie richtig dargestellt, die Professionalisierung vorangetrieben und die Kooperation mit staatlichen Stellen, etwa was den Zutritt zu Krankenanstalten betrifft, auf eine solide rechtliche Basis gestellt. Eine Kostenübernahme ist nicht vorgesehen, da sie auch für alle Religionen in gleicher Weise bereitzustellen wäre. Jedoch ist zB die Einrichtung eigener Studiengänge an den öffentlichen Universitäten ein wichtiger Beitrag des Staates zur Unterstützung qualitativ hochwertiger Seelsorge, die auch einen Mehrwert für unsere gesamte Gesellschaft bedeutet.

7. Das Islamgesetz unterscheidet sich in zahlreichen Punkten von den Gesetzen, die die Beziehungen des Staates zu den anderen anerkannten Religionsgemeinschaften regeln. Sehen Sie darin eine Benachteiligung? Wenn nein, warum nicht?

Gerade in gesetzlichen Regelungen bzgl. Kirchen und Religionsgemeinschaften ist größte Sensibilität gefragt. Deswegen gehen allen gesetzlichen Regelungen intensive Beratungen voraus. Im Falle des Islamgesetzes wurde das Gesetz in einer intensiven Zusammenarbeit mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft diskutiert. Danach wurde das Gesetz ausführlich in den Gremien des Parlaments beraten und erst auf dieser Grundlage beschlossen.

8. Fragen im Zusammenhang mit dem Islam werden heute oft mit Sicherheitspolitik verbunden. Wie stehen Sie dazu? Wie gelingt es, gemeinsam gegen Radikalisierung, Menschen- und Demokratiefeindlichkeit vorzugehen?

Radikalisierung, Rassismus und Diskriminierung sind natürliche Feinde der Demokratie und müssen in allen Aspekten der Gesellschaft bekämpft werden. Dazu benötigt es gemeinsame Kraftanstrengungen aller, die an unserer Gesellschaft teilhaben. Dies schließt die Politik sowie die Religions- bzw. Kirchengemeinschaften mit ein.

9. Eine neue Generation hier geborener und gut ausgebildeter Musliminnen sucht ihren Platz in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt. Viele von ihnen haben sich dafür entschieden, ein Kopftuch zu tragen. Das macht es häufig schwer, einen Job zu finden. Was sagen Sie dazu? Und was halten Sie im Besonderen von Kopftuchverboten im öffentlichen Dienst?

Jegliche Diskriminierung auf Grund des Aussehens oder der Kleidung ist abzulehnen. Der Sicherheit am Arbeitsplatz bzw. dem Schutz der Gesundheit ist es allerdings geschuldet, dass in bestimmten Berufen entsprechende Kleidungsvorschriften notwendig sind. Und wir haben uns innerhalb der  Bundesregierung auf ein Neutralitätsgebot für jene Berufsgruppen geeinigt, bei denen es bereits bisher entsprechende Bekleidungsvorschriften gab, die eine größtmögliche Unbefangenheit des Staates und Neutralität gegenüber allen Bevölkerungsgruppen sichtbar machen sollen: PolizistInnen, RichterInnen sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte.

In Verdachtsfällen der Diskriminierung haben wir in Österreich mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft eine Institution, die etwaigen Fällen individuell nachgeht.

10. Musliminnen und Muslime nehmen vielfach wahr, dass mit Integration immer mehr Assimilationsforderungen verbunden sind. Wie gehen wir mit Vielfalt um? Wie stärken wir unseren sozialen Zusammenhalt in einer pluralistischen Gesellschaft?

Die SPÖ tritt für eine offene, pluralistische Gesellschaft ein. Ein harmonisches Zusammenleben ist die Aufgabe jeder und jedes Einzelnen. Dabei stehen der Dialog und die tägliche Zusammenarbeit im Vordergrund. Dies erfordert auch ein aufeinander zugehen aller Dialogpartnerinnen und Partner. Das Hervorheben des Gemeinsamen muss in einer offenen Gesellschaft für alle Teile der Bevölkerung Ziel sein.   


FPÖ - Heinz Christian Strache

1. Gehört der Islam für Sie zu Österreich?

Der Islam als solcher gehört nicht zu Österreich. Weder historisch oder kulturell, noch ist er in irgendeiner Weise Teil Europas. Jedoch muslimische Mitbürger sind ein Teil Österreichs.

2. Was verbinden Sie persönlich mit dem Stichwort Islam?

Selbstverständlich ist der Islam als eine der großen Weltreligionen, genau wie alle anderen Weltreligionen zu respektieren. Doch müssen jene Fehlentwicklungen, die wir in Österreich rund um den Islam feststellen, thematisiert werden. Es kann nicht sein, dass jegliche sachliche Kritik am Islam sofort mit dem Kampfbegriff der Islamophobie abgetan wird. Wenn nämlich Imame Weltherrschaftsansprüche des Islams verbreiten oder predigen, dass untreue Frauen und Homosexuelle die Todesstrafe verdienen, zeigt das eben jene massiven Probleme auf, mit denen wir uns konfrontiert sehen.

3. Sehen Sie Musliminnen und Muslime als relevante Wählergruppe? Wie gehen Sie auf diese zu?

Gerade im Hinblick auf das Islamgesetz 2015, das sich als reines Placebo-Gesetz herausstellte, sehen wir umfangreichen Handlungsbedarf. Österreich braucht ein neues Islamgesetz, das wirklich Substanz hat, das dem Islamismus und seinen Hasspredigern einen Riegel vorschiebt. Die Leidtragenden sind liberale Muslime, welche aus unserer Sicht, in einem zu geringen Maß in die politische Debatte eingebunden wurden und werden. Der freiheitliche Ansatz sieht vor, jenen liberalen Muslimen, wie zum Beispiel Vertretern der ILMÖ - Initiative Liberaler Muslime Österreich, die, bei durchaus sensiblen Themen die muslimische Community betreffend, auffallend seriös und sachlich agieren, Gehör zu verschaffen. Es bedarf genau dieser liberalen Einflüsse, um eine zweite Kraft, neben der IGGIÖ als offizielle Vertretung der in Österreich lebenden Muslime, zu etablieren. Hier sehen wir in gewisser Weise eine Partnerschaft zwischen Freiheitlichen und liberalen Muslimen, mit einem gemeinsamen Ziel, das wir bestrebt sind, zu erreichen.

4. In Österreich ist das Verhältnis zwischen dem Staat und den gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften von einem säkularen Kooperationsmodell bestimmt, das lange national und international als vorbildhaft verstanden wurde. Von besonderer Bedeutung ist dabei der Religionsunterricht an öffentlichen Schulen und die Einbindung der Religionsgemeinschaften in das öffentliche und staatliche Leben. Wie bewerten Sie dieses Modell und welche Rolle spielt Religion – auch in Zukunft – für Sie in der Gesellschaft?

Das Modell ist in der jetzigen Form von Grund auf richtig, aber gerade, wenn hier der Religionsunterricht angesprochen wird, sind gravierende Missstände rund um den islamischen Religionsunterricht in Österreichs Schulen bekannt. Es bedarf demnach stärkerer Kontrollen, die die Einhaltung der vorgegebenen Lehrpläne und der Unterrichtssprache Deutsch sicherstellen. Des Weiteren muss der Missbrauch des islamischen Religionsunterrichtes durch radikale Salafisten unterbunden werden, um jeglicher potentieller Radikalisierung von Schülern entgegenzuwirken.

Welche Rolle Religion für jeden Einzelnen innerhalb der Gesellschaft spielt, ist aus unserer Sicht prinzipiell Privatsache. Radikale und extremistische Anschauungen, die sich hinter dem Deckmantel Religion verstecken und Politik betreiben, die in Folge auch eine Gefahr für unser westlich demokratisches Gesellschaftssystem darstellen, müssen jedoch entschieden entgegengetreten werden.

5. Welche Werte würden Sie als gemeinsame Werte des Islams und der historisch vom Christentum geprägten österreichischen Mehrheitsgesellschaft bezeichnen?

Gemeinsamkeiten zwischen Christen und Muslimen lassen sich hier zweifelsohne bei Werten wie Anstand und Charakter finden. Denn gerade diese beiden Werte sind aus unserer Sicht unabhängig vom Kulturkreis oder der Nation eines Einzelnen und deshalb bei jedem Menschen vorauszusetzen. Und auch im Hinblick auf liberale Islamverbände, die, wie es im 21. Jahrhundert üblich sein sollte, eine mit dem Staatswesen kompatible, liberale Religionsauslegung verfolgen, gibt es einige Überschneidungen.

6. Mit dem Islamgesetz 2015 wurde ein Rahmen für die Institutionalisierung und Professionalisierung der islamischen Seelsorge in Krankenanstalten und Gefängnissen geschaffen. Diese Aufgabe wurde bisher ehrenamtlich erledigt. Aus der Erfahrung aller Religionsgemeinschaften wissen wir um die große Bedeutung von professioneller und verlässlicher Seelsorge in diesen Bereichen. Wie stehen Sie dazu, dass es gerade für die Personalkosten auch staatliche Unterstützung geben soll?

Unser Standpunkt bei diesem Thema ist klar: Seelsorge in Krankenanstalten, Gefängnissen und beim Bundesheer hat genau wie die Predigt in Moscheen oder der Religionsunterreicht in Schulen, auf Deutsch zu erfolgen, damit jegliche Radikalisierung hintangehalten werden kann. Den Bedarf einer zusätzlichen finanziellen Unterstützung sehen wir nicht.

7. Das Islamgesetz unterscheidet sich in zahlreichen Punkten von den Gesetzen, die die Beziehungen des Staates zu den anderen anerkannten Religionsgemeinschaften regeln. Sehen Sie darin eine Benachteiligung? Wenn nein, warum nicht?

Ausschlag für diese Unterschiede gaben jene besonderen Gegebenheiten, die mit der muslimischen Religionsgemeinschaft einhergehen. Auf Grundlager dieser Realitäten gilt es, ein Gesetz zu erlassen, das dieser Sachlage gerecht wird. Bei anderen Religionen zum Beispiel besteht eine weitaus kleinere Einflussnahme aus anderen Nationen, die eben weniger strengere Regelungen bei der Finanzierung aus dem Ausland verlangen.

8. Fragen im Zusammenhang mit dem Islam werden heute oft mit Sicherheitspolitik verbunden. Wie stehen Sie dazu? Wie gelingt es, gemeinsam gegen Radikalisierung, Menschen- und Demokratiefeindlichkeit vorzugehen?

Der politische Islam bietet einen ausgezeichneten Nährboden für Terrorismus. Folglich bedarf es hier einerseits einer umfassenden Neugestaltung des Islamgesetzes bei gleichzeitiger Nachschärfung des Integrationsgesetzes. Andererseits müssen auch die islamischen Glaubensgemeinschaften in die Pflicht genommen werden. So agieren Vertreter der IGGiÖ des Öfteren äußerst kontraproduktiv, wenn es darum geht, als offizielle Vertretung der in Österreich lebenden Muslime beispielhaft voranzugehen. Ihre Intentionen sind dabei kritisch zu hinterfragen, da sie lediglich zu einer Steigerung der Integrationsverweigerung unter Muslimen beiträgt.

9. Eine neue Generation hier geborener und gut ausgebildeter Musliminnen sucht ihren Platz in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt. Viele von ihnen haben sich dafür entschieden, ein Kopftuch zu tragen. Das macht es häufig schwer, einen Job zu finden. Was sagen Sie dazu? Und was halten Sie im Besonderen von Kopftuchverboten im öffentlichen Dienst?

Sowohl die Burka als auch das Kopftuch sind zweifelsohne als Zurschaustellung religiöser Symbole zu orten. Wir Freiheitlichen sehen dabei keinen Ausdruck religiöser Überzeugung, was sinnvollerweise auch verfassungsrechtlich geschützt ist, sondern ausschließlich politische Agitation. Das Kopftuch symbolisiert zum einen schlichtweg die Unterwerfung der Frau unter den Mann und zum anderen den politischen Islam. Des Weiteren grenzt das Tragen eines Kopftuches viele junge Mädchen vom öffentlichen Leben aus und treibt somit die Entstehung von Parallelgesellschaften weiter voran. Genau aus diesen Gründen ist eine Verbannung dieser Symbole aus öffentlichen Institutionen wie etwa Universitäten, Schulen oder eben auch Gerichten zum Wohle unserer Gesellschaft zu befürworten.

10. Musliminnen und Muslime nehmen vielfach wahr, dass mit Integration immer mehr Assimilationsforderungen verbunden sind. Wie gehen wir mit Vielfalt um? Wie stärken wir unseren sozialen Zusammenhalt in einer pluralistischen Gesellschaft?

Vor dem Hintergrund islamischer Parallelgesellschaften, jener Zahlen, die eine rapide Zunahme von Muslimen in Österreich belegen und Radikalisierungstendenzen in der Bevölkerung, ist der unumgängliche und umfassende Prozess der Integration von zentraler Bedeutung, um in der Mehrheitsgesellschaft Fuß zu fassen. Die Realität zeichnet jedoch Bilder einer dritten Generation von Zuwanderern, die Integrations-bestrebungen schlicht verweigert. Integration bedeutet aus freiheitlicher Sicht daher nicht ein Zurückweichen der Mehrheitsgesellschaft aufgrund falsch verstandener Toleranz, sondern eine ganz klare Bringschuld der Zuwanderer.


Grüne – Ulrike Lunacek

1. Gehört der Islam für Sie zu Österreich?

Genauso wie jede Religion eines hier lebenden Menschen, der Demokratie und Menschenrechte respektiert.

2. Was verbinden Sie persönlich mit dem Stichwort Islam?

Nachdem dies eine Frage nach persönlicher Assoziation ist, würde dies wohl jedeR GrüneR etwas anders beantworten :-).

3. Sehen Sie Musliminnen und Muslime als relevante Wählergruppe? Wie gehen Sie auf diese zu?

Wir werben um all jene Menschen, die die Grünen Grundwerte teilen: selbstbestimmt, solidarisch, feministisch, ökologisch, basisdemokratisch und gewaltfrei. Wir sind überzeugt, dass diese Werte für eine lebenswerte Gesellschaft absolut zentral sind. Jeder Mensch, unabhängig von Herkunft oder Religion, der sich durch diese Werte angesprochen fühlt, ist eine Stimme, um die sich die Grünen bemühen.

4. In Österreich ist das Verhältnis zwischen dem Staat und den gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften von einem säkularen Kooperationsmodell bestimmt, das lange national und international als vorbildhaft verstanden wurde. Von besonderer Bedeutung ist dabei der Religionsunterricht an öffentlichen Schulen und die Einbindung der Religionsgemeinschaften in das öffentliche und staatliche Leben. Wie bewerten Sie dieses Modell und welche Rolle spielt Religion – auch in Zukunft – für Sie in der Gesellschaft?

Wir sind für einen staatlichen Religionsunterricht, da es nicht sein kann, dass dieser zum Beispiel aus Saudi Arabien, Qatar oder von reichen Gönnern finanziert wird.

Zusätzlich sollte es auch einen Ethikunterricht für ALLE SchülerInnen unabhängig von Religionsbekenntnis geben. Alle Inhalte, die an Schulen unterrichtet werden, müssen den Prinzipien der Meinungsfreiheit und Pluralität, Demokratie, Menschenrechten und der unteilbaren und gleichen Menschenwürde eines jeden Menschen unabhängig von Religionszugehörigkeit entsprechen. Dieses Modell unterstützen wir seit Jahren.

5. Welche Werte würden Sie als gemeinsame Werte des Islams und der historisch vom Christentum geprägten österreichischen Mehrheitsgesellschaft bezeichnen?

Wie viele der Weltreligionen teilen auch diese zwei Religionen das Ansinnen, dass Menschen an Selbsterkenntnis, Selbstverbesserung und an einem gedeihlichen Zusammenleben in der Gemeinschaft arbeiten sollten.

6. Mit dem Islamgesetz 2015 wurde ein Rahmen für die Institutionalisierung und Professionalisierung der islamischen Seelsorge in Krankenanstalten und Gefängnissen geschaffen. Diese Aufgabe wurde bisher ehrenamtlich erledigt. Aus der Erfahrung aller Religionsgemeinschaften wissen wir um die große Bedeutung von professioneller und verlässlicher Seelsorge in diesen Bereichen. Wie stehen Sie dazu, dass es gerade für die Personalkosten auch staatliche Unterstützung geben soll?

Eine finanzielle Unterstützung des Staates im Gefängnis-Seelsorgebereich ist vorstellbar. Entscheidend ist dabei, dass sichergestellt wird, dass die Letztverantwortung für die Auswahl der Seelsorger vom Staat wahrgenommen wird, damit eine präventive, aufklärerische - und wenn nötig deradikalisierende - Gefängnisseelsorge durch vertrauenswürdige Religionspädagogen sichergestellt wird. 

7. Das Islamgesetz unterscheidet sich in zahlreichen Punkten von den Gesetzen, die die Beziehungen des Staates zu den anderen anerkannten Religionsgemeinschaften regeln. Sehen Sie darin eine Benachteiligung? Wenn nein, warum nicht?

Das Islamgesetz wurde erneuert, da die ursprüngliche Fassung aus 1912 nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten und Anforderungen entsprach. Eine Modernisierung des Gesetzes an sich begrüßen wir daher, ebenso wie zahlreiche Verbesserungen für die Religionsgemeinschaft, die damit einhergingen.

Die Grünen haben aber auch kritisiert, dass die Betonung von rechtsstaatlichen Selbstverständlichkeiten innerhalb des Islamgesetzes - wie, dass die staatliche Rechtsordnung zu achten ist - redundant und diskriminierend ist. Da bisher zu jeder Religionsgemeinschaft eigene Gesetze erlassen wurden, und diese noch nie 100% wortgleich waren, ist eine Abweichung nicht per se schon eine Diskriminierung.

Dabei ist jedoch ausschlaggebend, ob ein Gesetz nachhaltig ist oder es sich hauptsächlich um eine populistische Maßnahme handelt, wie der ÖVP-Klubobmann Lopatka mit seiner Aussage im Parlament, "Mit dem Islamgesetz schützen wir die Sicherheit der Österreicher.", trauriger Weise unter Beweis gestellt hat.

8. Fragen im Zusammenhang mit dem Islam werden heute oft mit Sicherheitspolitik verbunden. Wie stehen Sie dazu? Wie gelingt es, gemeinsam gegen Radikalisierung, Menschen- und Demokratiefeindlichkeit vorzugehen?

Indem von beiden Seiten - der religiösen Communities, als auch der Mehrheitsgesellschaft - mehr für die Prävention, also die Verhinderung von Radikalisierung, getan wird. Dazu gehört zuallererst auch, das Problem des wachsenden Extremismus nicht länger zu leugnen, sondern sich mit den Ursachen auseinanderzusetzen.

Diese sind komplex und reichen von Ausgrenzungserfahrungen, Krisenerlebnissen, falsch verstandenem Heroismus über Totalitarismus und Gewaltbereitschaft. Die Grünen treten für eine Gesamtstrategie gegen Extremismus ein, welche gleichberechtigt Maßnahmen der Demokratieförderung und Prävention, Sicherheitsmaßnahmen und Deradikalisierungsmaßnahmen vorsieht.  In Präventionsmaßnahmen muss endlich mehr investiert werden und an Schulen, in aufsuchender Sozialarbeit und bei der Jugend- und Burschenarbeit angesetzt werden.

Zudem braucht es einen offenen, auch innermuslimischen Dialog, der sich ohne Scheu mit Ursachen und möglichen neuen Lösungswegen auseinandersetzt. Diese Herausforderung wird nur gemeinsam von Mehrheitsgesellschaft und den MuslimInnen, also der Gesamtgesellschaft, zu meistern sein.

9. Eine neue Generation hier geborener und gut ausgebildeter Musliminnen sucht ihren Platz in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt. Viele von ihnen haben sich dafür entschieden, ein Kopftuch zu tragen. Das macht es häufig schwer, einen Job zu finden. Was sagen Sie dazu? Und was halten Sie im Besonderen von Kopftuchverboten im öffentlichen Dienst?

Die Grünen treten für diskriminierungsfreie Arbeitsmarktpolitik ein. Daher fordern wir auch als Einzige anonymisierte Bewerbungsverfahren im öffentlichen Dienst - damit die Ausbildung, Qualifikation und Leistung zählt und nicht der Name, das Aussehen oder das Geschlecht.

Die Grünen sind gegen ein Kopftuchverbot, genauso wie gegen einen Kopftuchzwang.

10. Musliminnen und Muslime nehmen vielfach wahr, dass mit Integration immer mehr Assimilationsforderungen verbunden sind. Wie gehen wir mit Vielfalt um? Wie stärken wir unseren sozialen Zusammenhalt in einer pluralistischen Gesellschaft?

Durch gegenseitigen Respekt. Es liegt an der Mehrheitsgesellschaft neu Hinzugekommenen eine faire Chance auf Teilnahme in Bildungs-, Arbeitsmarkt und in unserer Gesellschaft zu geben. Es liegt an den neu Hinzugekommen, sich ebenfalls nicht abzugrenzen und offen auf ihre Mitmenschen zuzugehen.

Dabei helfen Orte, in denen Menschen sich ohne Druck kennenlernen und begegnen können, Integrationsbegleitung vom 1. Tag an, flächendeckende und leistbare Deutschkurse sowie frühzeitige Durchmischung von Kindergärten und Klassen, damit schon Kinder frühzeitig eigene und auch andere Gebräuche und Kulturen kennenlernen.


NEOS – Mathias Strolz NEOS

1. Gehört der Islam für Sie zu Österreich?

Der Islam ist rechtlich seit 1912 eine in Österreich anerkannte Religionsgemeinschaft. Wir sehen Österreich als ein Land, wo das freie Ausleben von Religionen, welche sich im Rahmen der österreichischen Verfassung bewegen, möglich sein muss. Musliminnen und Muslime gehören aus diesem Grund selbstverständlich zu Österreich.

2. Was verbinden Sie persönlich mit dem Stichwort Islam?

Wir verbinden mit dem Stichwort Islam eine der großen Weltreligionen, in deren Wirkungsbereich in der Vergangenheit bedeutende wissenschaftliche Erkenntnisse in Medizin, Mathematik, Astronomie, Chemie und Geographie errungen wurden. Leider werden in jüngerer Zeit häufig, vermeintlich im Namen der Religion, verabscheuungswürdige Attentate verübt, die diesen durchaus positiven Eindruck in der öffentlichen Wahrnehmung konterkarieren. NEOS sind überzeugt, dass jede und jeder in Österreich wertvolle Beiträge zu unserem Zusammenleben leistet, ob im Beruf, durch politisches, soziales oder ehrenamtliches Engagement, in den Gemeinden, Vereinen, in der Familie und im Alltag - Musliminnen und Muslime sind hier selbstverständlich keine Ausnahme.

3. Sehen Sie Musliminnen und Muslime als relevante Wählergruppe? Wie gehen Sie auf diese zu?

Wir unterscheiden zwischen Bürger_innen nicht anhand ihrer Religion. Für NEOS sind alle Bürger_innen gleich relevant, und wir versuchen ihre Anliegen gleichberechtigt zu vertreten.  Wir sind gegen den Stillstand in Österreich und wollen dementsprechend all jene Bürger_innen vertreten, welche nach vorne schauen und Österreich nach vorne bringen wollen.

4. In Österreich ist das Verhältnis zwischen dem Staat und den gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften von einem säkularen Kooperationsmodell bestimmt, das lange national und international als vorbildhaft verstanden wurde. Von besonderer Bedeutung ist dabei der Religionsunterricht an öffentlichen Schulen und die Einbindung der Religionsgemeinschaften in das öffentliche und staatliche Leben. Wie bewerten Sie dieses Modell und welche Rolle spielt Religion – auch in Zukunft – für Sie in der Gesellschaft?

Wir wollen zusätzlich zum bisherigen konfessionellen Religionsunterricht einen verpflichtenden Ethikunterricht einführen. Unsere Demokratie fußt auf einem universellen Wertekanon, der die Wertvorstellungen verschiedener Religionen übergreift und sich an die Europäische Menschenrechtskonvention anschließt. Auch in Zukunft können Religionen eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe und Roller übernehmen, wenn es z.B. um Zusammenhalt und die gemeinsame Fürsorge für die schwächeren Mitglieder unserer Gesellschaft geht.

5. Welche Werte würden Sie als gemeinsame Werte des Islams und der historisch vom Christentum geprägten österreichischen Mehrheitsgesellschaft bezeichnen?

Als gemeinsame Werte würden wir Mitgefühl, Offenheit und Respekt ansehen.

6. Mit dem Islamgesetz 2015 wurde ein Rahmen für die Institutionalisierung und Professionalisierung der islamischen Seelsorge in Krankenanstalten und Gefängnissen geschaffen. Diese Aufgabe wurde bisher ehrenamtlich erledigt. Aus der Erfahrung aller Religionsgemeinschaften wissen wir um die große Bedeutung von professioneller und verlässlicher Seelsorge in diesen Bereichen. Wie stehen Sie dazu, dass es gerade für die Personalkosten auch staatliche Unterstützung geben soll?

NEOS treten, unabhängig von der Religionsgemeinschaft, dagegen ein, dass Seelsorger staatlich bezahlt werden.

7. Das Islamgesetz unterscheidet sich in zahlreichen Punkten von den Gesetzen, die die Beziehungen des Staates zu den anderen anerkannten Religionsgemeinschaften regeln. Sehen Sie darin eine Benachteiligung? Wenn nein, warum nicht?

Wir sehen im Islamgesetz eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen staatlichen anerkannten Religionsgemeinschaften. Es ist NEOS ein Anliegen, dass die österreichische Rechtsordnung Neutralität zu den anerkannten Religionsgemeinschaften wahrt. Wir treten daher sowohl gegen Vorrechte als auch gegen Benachteiligungen einzelner Religionsgemeinschaften durch Gesetze ein. Anzustreben ist daher eine einheitliche gesetzliche Regelung für das Verhältnis zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften (anstatt derzeit unterschiedliche Gesetze für jede Religion und Konfession).

8. Fragen im Zusammenhang mit dem Islam werden heute oft mit Sicherheitspolitik verbunden. Wie stehen Sie dazu? Wie gelingt es, gemeinsam gegen Radikalisierung, Menschen- und Demokratiefeindlichkeit vorzugehen?

Wir sehen Sicherheitspolitik losgelöst von diversen Religionen auf einer gemeinsamen europäischen Ebene. Dazu gehört natürlich die Zusammenarbeit mit sämtlichen zivilgesellschaftlichen Initiativen, um den Radikalismus zu bekämpfen. Dies soll verstärkt werden. Positiv erwähnen möchten wir hier auch Initiativen wie die von der IGGÖ initiierte Deklaration gegen Extremismus und Terror, die von mehr als 300 Imamen unterschrieben wurde und sowohl alle religiös motivierten Anschläge verurteilt, als auch zur Integration und aktiven Teilnahme an der Gesellschaft aufruft.

9. Eine neue Generation hier geborener und gut ausgebildeter Musliminnen sucht ihren Platz in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt. Viele von ihnen haben sich dafür entschieden, ein Kopftuch zu tragen. Das macht es häufig schwer, einen Job zu finden. Was sagen Sie dazu? Und was halten Sie im Besonderen von Kopftuchverboten im öffentlichen Dienst?

Wir finden: Es sollten allen Österreichern, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund, die gleichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt offenstehen. Wir sind gegen ein generelles Kopftuchverbot für öffentliche Berufe. Der Grund dafür ist, dass es jedem Menschen selbst überlassen sein sollte, was er am Körper trägt, solange es im Rahmen unserer Verfassung ist. Allenfalls bei Richtern bzw in Gerichtssälen ist uns ein Verbot jedweder religiöser Symbole aufgrund der Garantie einer neutralen und säkularen Gerichtsbarkeit wichtig.

10. Musliminnen und Muslime nehmen vielfach wahr, dass mit Integration immer mehr Assimilationsforderungen verbunden sind. Wie gehen wir mit Vielfalt um? Wie stärken wir unseren sozialen Zusammenhalt in einer pluralistischen Gesellschaft?

Integration ist immer sowohl eine Aufgabe des Staates als auch der zu integrierenderen Mitbürger_innen. Vollständige Assimilation kann nicht das Ziel sein, da wir für eine pluralistische liberale Gesellschaft stehen, in der jeder seinen persönlichen Überzeugungen nachgehen kann. Allerdings müssen Grundrechte eingehalten werde, die auf der europäischen Menschenrechtskonvention und unserer Verfassung fußen. Insbesondere Freiwilligenarbeit, ein aktives Vereinsleben und die Möglichkeit zu arbeiten sind wichtig, um einen notwendigen gesellschaftlichen Zusammenhalt auch in Zukunft sicherzustellen.


 KPÖ + Mirko Messner

1. Gehört der Islam für Sie zu Österreich?

Selbstverständlich. Seit 1912 ist der Islam als Religionsgemeinschaft in Österreich anerkannt. 700.000 Menschen bekennen sich zum Islam. Kulturell und menschlich gehören diese Menschen und ihr Glauben zu Österreich wie Christ_innen, Jüd_innen und nicht glaubende Menschen.

2. Was verbinden Sie persönlich mit dem Stichwort Islam?

Ich habe islamische Freunde und Freundinnen, die fallen mir als erstes ein. Zum zweiten fallen mir beim Stichwort Islam die vielen wissenschaftlichen und zivilisatorischen Errungenschaften ein, die aus der arabischen Welt an unsere Gesellschaften  weitergegeben wurden.

3. Sehen Sie Musliminnen und Muslime als relevante Wählergruppe? Wie gehen Sie auf diese zu?

Wir sehen die in Österreich lebenden Muslime und Musliminnen, unabhängig davon, ob sie das Wahlrecht haben oder nicht als Mitbürger_innen. Wir drücken ihnen gegenüber auch unsere Solidarität aus gegenüber der gegenüber der muslimischen Gemeinschaft bestehenden feindseligen Stimmung. Die antimuslimische Hetze geht von der FPÖ und von den Boulevardmedien aus. Die Republik Österreich und die Koalitionsparteien tun zu wenig, um ihr entgegen zu treten.

4. In Österreich ist das Verhältnis zwischen dem Staat und den gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften von einem säkularen Kooperationsmodell bestimmt, das lange national und international als vorbildhaft verstanden wurde. Von besonderer Bedeutung ist dabei der Religionsunterricht an öffentlichen Schulen und die Einbindung der Religionsgemeinschaften in das öffentliche und staatliche Leben. Wie bewerten Sie dieses Modell und welche Rolle spielt Religion – auch in Zukunft – für Sie in der Gesellschaft?

Die Trennung von Kirche und Staat, wie sie in der österreichischen Verfassung festgelegt ist, impliziert das Recht auf die freie Religionsausübung. Ein säkularer Staat ist nicht ein solcher, der die Religionen aus dem öffentlichen Leben ausschließt, sondern einer, der alle religiösen Überzeugungen (einschließlich dem Atheismus und dem Agnostizismus)  gleich behandelt. Wir sind dafür, dass es in den Schulen einen freiwilligen Religionsunterricht gibt, den alle anerkannten Religionsgemeinschaften auf Basis der Gesetze der Republik Österreich autonom gestalteten.

5. Welche Werte würden Sie als gemeinsame Werte des Islams und der historisch vom Christentum geprägten österreichischen Mehrheitsgesellschaft bezeichnen?

Die gemeinsamen Werte, die aus allen Buchreligionen und humanistischen Philosophien abgeleitet werden können, sind Frieden, Menschenwürde, Gleichheit und  Respekt vor unserer natürlichen Umwelt.

6. Mit dem Islamgesetz 2015 wurde ein Rahmen für die Institutionalisierung und Professionalisierung der islamischen Seelsorge in Krankenanstalten und Gefängnissen geschaffen. Diese Aufgabe wurde bisher ehrenamtlich erledigt. Aus der Erfahrung aller Religionsgemeinschaften wissen wir um die große Bedeutung von professioneller und verlässlicher Seelsorge in diesen Bereichen. Wie stehen Sie dazu, dass es gerade für die Personalkosten auch staatliche Unterstützung geben soll?

Auch in diesem Bereich sind wir für die Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften und daher auch dafür, dass sich der Staat an der Finanzierung der Seelsorge in Krankenanstalten und Gefängnissen beteiligt.

7. Das Islamgesetz unterscheidet sich in zahlreichen Punkten von den Gesetzen, die die Beziehungen des Staates zu den anderen anerkannten Religionsgemeinschaften regeln. Sehen Sie darin eine Benachteiligung? Wenn nein, warum nicht?

Wir finden das Islamgesetz in seiner gegenwärtigen Form diskriminierend und für ein gedeihliches Zusammenleben der Gemeinschaften schädlich, weil es die islamische Gemeinde einem ungerechtfertigten Generalverdacht aussetzt. Dies stellt eine Kapitulation der Regierungsparteien vor dem von der radikalen Rechten geschürten antimuslimischen Rassismus dar.

8. Fragen im Zusammenhang mit dem Islam werden heute oft mit Sicherheitspolitik verbunden. Wie stehen Sie dazu? Wie gelingt es, gemeinsam gegen Radikalisierung, Menschen- und Demokratiefeindlichkeit vorzugehen?

Dies trifft zu. Dass Fragen des Islam vornehmlich im Zusammenhang mit der Sicherheitspolitik abgehandelt werden, stellt eine Diskriminierung der in Österreich lebenden Muslim_innen dar, es schüchtert ein, und es verbittert. Das Radikalismus-Problem, das in Österreich besteht, hat mit dem Islam nichts zu tun. Die Gefahr für die Demokratie geht von der radikalen Rechten und dem Rassismus aus. Wer Radikalismus und Demokratiefeindlichkeit bekämpfen will, muss vor allem soziale Sicherheit fördern. Aber dem antimuslimischen Rassismus entgegenzutreten, ist auch Aufgabe der Regierung, die sie nicht erfüllt.

9. Eine neue Generation hier geborener und gut ausgebildeter Musliminnen sucht ihren Platz in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt. Viele von ihnen haben sich dafür entschieden, ein Kopftuch zu tragen. Das macht es häufig schwer, einen Job zu finden. Was sagen Sie dazu? Und was halten Sie im Besonderen von Kopftuchverboten im öffentlichen Dienst?

Wir lehnen jede Diskriminierung aufgrund von Religion, Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe oder sexueller Orientierung ab. Wir lehnen ab, dass der Staat Kleidervorschriften erlässt. Daher lehnen wir auch ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst ab.

10. Musliminnen und Muslime nehmen vielfach wahr, dass mit Integration immer mehr Assimilationsforderungen verbunden sind. Wie gehen wir mit Vielfalt um? Wie stärken wir unseren sozialen Zusammenhalt in einer pluralistischen Gesellschaft?

Die Schlüsselworte sind hier Respekt und demokratische Selbstbestimmung. Österreich ist ein multinationales, multikulturelles und multireligiöses Land und wird es in den kommenden Jahrzehnten noch mehr werden. Wir sind für eine echte Integration, die eine wechselseitige  Beeinflussung der in unserem Staat zusammenlebenden Gemeinschaften beinhaltet. Wir lehnen jeden Zwang zur Assimilation ab.

Rückfragehinweis an:

Tarafa Baghajati, Obmann der IMÖ, Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen

baghajati [at] aon.at

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