Syrisches Drama: Ausländische Einmischung stoppen
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Wien (APA) - Die Einmischung ausländischer Akteure in Syrien müsse ein Ende nehmen, die Syrer müssten an einem Tisch gemeinsam über ihre Zukunft entscheiden. Darüber herrschte bei einer Diskussion von Nahost-Experten in Wien am Donnerstagabend weitgehend Einigkeit. Uneinig war das Podium, ob Machthaber Bashar al-Assad an der Schaffung eines „neuen Syrien“ mitwirken solle/dürfe.
In Syrien gehe es um eine Ost-West-Konfrontation, brachte es die in Damaskus lebende deutsche Journalistin Karin Leukefeld im vollbesetzten Presseclub Concordia auf den Punkt. „Die ausländische Einmischung muss aufhören“, forderte die Autorin des Buchs „Flächenbrand. Syrien, Irak, die Arabische Welt und der Islamische Staat“. Sie verwies auf Thinktanks, die Pläne über eine Aufteilung Syriens wälzen. Die ausländischen Mächte, von den USA über Israel, bis zu Russland und den arabischen Staaten, hätten nicht das Wohl der Syrer im Auge.
Fritz Edlinger, Generalsekretär der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen, zeichnete ein drastisches Bild: „Syrien ist alle nahöstlichen Probleme zum Quadrat.“ Das Land sei das Produkt einer „fremdbestimmten Gesetzgebung“, bezog sich Edlinger auf die Neuordnung des Nahen Ostens nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches und auf das Völkerbund-Mandat Frankreichs. „Es geht schon lange nicht mehr um Syrien, sondern die arabischen Bruderstaaten haben diesen Krieg programmiert.“ Viele nützten die Situation aus, Gruppen der Opposition genauso wie im Regime.
Tarafa Baghajati, aus Syrien gebürtiger Obmann der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen, erläuterte in der von der Vereinigung für Medienkultur organisierten Diskussion, das Assad-Regime habe voll Brutalität auf die Forderungen des Arabischen Frühlings geantwortet und keinen Kompromiss angeboten. Jetzt gehe es nicht mehr um Assad: „Dieser gab das Kommando an den Iran, später an Russland ab.“ Das Resümee Baghajatis: „Heute muss Frieden ohne Assad geschaffen werden.“ Leukefeld sieht das anders: „Für eine Lösung braucht man anfangs auch Assad.“
Hart mit den USA ins Gericht ging Maamoun Chawki, Sprecher der Unabhängigen Syrer in Österreich. Auch warnte er vor dem Agieren Israels. Schon in Afghanistan habe Washington versucht, „Krieg zu inszenieren“, später in Syrien und in Libyen. Akteure wie Saudi-Arabien, Katar, USA ließen den Krieg eskalieren. Heute seien Terroristen am Werk, die von ausländischen Mächten unterstützt werden. Alle Welt befasse sich mit den Terroristen des „Islamischen Staates“, nicht aber jenen der „Al Nusra“. Beide, aber auch andere politische Kräfte, zielten auf eine Fortsetzung des Krieges. Viele Bewaffnete hätten im Zuge des Konflikts aus rein finanziellen Gründen die Seiten gewechselt, seien von der Freien Syrischen Armee (FSA) zu den Islamisten-Rebellen übergelaufen.
Chawki sieht nur eine Option: „Wir müssen uns an einen Tisch setzen und in die Zukunft blicken.“ Die Syrer müssten selbst über ihre Zukunft entscheiden. Die meisten wünschten sich einen säkularen Staat, ein Zurück zur historischen Koexistenz von Muslimen und Christen. Salma Reda, Sprecherin der syrischen Studierenden in Wien, stellte fest, in Syrien habe man ein anderes Verständnis von Demokratie. Die Studentin, die zuletzt 2011 heimreiste, kritisierte, viele Gruppen hätten Assad a priori von einer Verhandlungslösung ausgeschlossen.
Die Wirtschaftskomponente des Nahost-Kriegs hob Nahost-Expertin und Buchautorin Karin Kneissl hervor. Der Krieg habe direkt mit den Erdölressourcen zu tun. Auch asiatische Mächte wie China seien hier involviert. Nicht zuletzt wegen des Öls „agiert Russland im Tandem mit dem Iran und China.“ Kneissl erläuterte auch den Umstand, dass Assad seine Gegner als „Terroristen“ bezeichne. Eine solche Wortwahl sei autoritären Herrschern eigen, gelte genauso für Ägyptens gestürzten Staatschef Hosni Mubarak wie den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Als Moderator Udo Bachmair, Präsident der Vereinigung für Medienkultur, die Frage nach der Einschätzung der Zukunft Syriens stellte, erhitzten sich die Gemüter auf dem Podium. Alle Syrer wünschten sich „ein neues Syrien“, er sei optimistisch, meinte Baghajati. Dem widersprach Edlinger heftig; er befürchtet für 2016 „eine weitere Eskalation“ und die Ausweitung auf andere arabische Gebiete. Die Türkei spiele eine üble Rolle, sei auf dem Weg zu einem islamistischen Staat. Auch Saudi-Arabien komme eine Täterrolle zu. Edlinger: „Die Täter sitzen in Washington, in Ankara und in Mekka.“ Russland habe nicht interveniert, sondern gemäß seinem Beistandspakt gehandelt.
Kneissl äußerte in ihrem Schlusswort zu der Diskussion - Titel: „Das syrische Drama, Wege aus dem Dilemma“ - „eine gewisse Zuversicht“. Frieden sehe sie für Syrien zwar nicht, aber doch „eine klare Entschlossenheit“, dem Vormarsch der Islamisten Einhalt zu gebieten. Sie verwies auf die Beispiele Bosnien und Libanon: In beiden Fällen endeten die Kämpfe mit einem Schweigen der Waffen, allerdings kam es zu keinem Friedensschluss.